Interview mit Sofia Cruz Rocha
Sofia Cruz Rocha kreiert spirituelle Installationen, Skulpturen und Gemälde. 2014 machte sie ihren Abschluss an der Academy of Fine Arts ENPEG. 2012/2013 studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste Wien bei Prof. Martin Guttman. Die Werke von Sofia Cruz Rocha waren bereits in zahlreichen Ausstellungen zu sehen, unter anderem in Mexico, Kolumbien, Spanien, Serbien, Italien und Österreich. Die Künstlerin hat aufgrund ihrer Verbindung zur Spiritualität meine Neugierde geweckt, worauf sich ein spannendes Gespräch ergab.
In den sozialen Netzwerken verwendest du den Hashtag Kunst und Spiritualität. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Spiritualität und deinen Werken?
Ich verstehe mein künstlerisches Wirken als einen Dienst an Gott und der Menschheit. Damit möchte ich zur Evolution des menschlichen Bewusstseins beitragen. Kunst hat meiner Ansicht nach einen großen Einfluss – sei es durch Ausstellungen oder in privaten Räumen. Sie gibt Impulse für Gespräche, Reflexionen und Gefühle.
Abhängig deiner Intention verwendest du Installationen, Skulpturen oder Gemälde. Welche Hintergründe spielen eine Rolle bei den Gemälden über das Licht?
Besonders in der Malerei beabsichtige ich abstrakte Atmosphären schaffen, die eine höhere Schwingung ausstrahlen und somit höhere Gefühle im Betrachter erzeugen. Der Schaffensvorgang erfolgt hierbei intuitiv.
Kannst du diesen „intuitiven“ Gestaltungsprozess näher erläutern?
Zu Beginn steht eine Emotion, die ich auf der Leinwand ausdrücken möchte. Dann lasse ich mich beim künstlerischen Schaffen von der Intuition leiten. Meine Serien weisen Ähnlichkeiten auf, da hinter ihnen ähnliche spirituelle Emotionen wirken.
Musik hat einen großen Einfluss auf deine Kunst. Welche Beziehung siehst du zwischen Musik und Malerei?
Im Gegensatz zur Malerei wird die Musik direkt wahrgenommen. Wenn wir eine Melodie hören, beeinflusst diese unmittelbar unsere Stimmung. Wir können in wenigen Augenblicke Zustände wie Begeisterung, Traurigkeit oder Fülle empfinden. Dies hängt jedoch auch von der Fähigkeit des Wahrnehmenden ab, sich der Musik hinzugeben, die Schwingungen auf sich wirken zu lassen. Ähnlich verhält es sich mit der Malerei, sofern der Rezipient die Absicht hat, die „Schwingung“ wahrzunehmen. Es erscheint jedoch vielen Menschen leichter, sich der Musik zu öffnen als der Malerei.
Gibt es Künstler, die du als erstrebenswerte Vorbilder betrachtest?
Hilma af Klint und Emma Kunz verbanden ihr künstlerisches Schaffen mit der Spiritualität – aufgrund dieser Mission, die sie verwirklichten, fühle ich eine Nähe zu ihnen. Meine Inspirationsquelle findet sich jedoch außerhalb der bildenden Kunst, nämlich in der westlichen Spiritualität. Mein erster spiritueller Einfluss hat mit dem Werk von Ouspensky über das Erwachen des Bewusstseins begonnen und durch mehrere Autoren der Kabbala, Gnostik, Mystik etc. weitergeführt. Bis zu dem Punkt, an dem ich jetzt stehe. Auch dein Werk als Autor hat meine Arbeit als Künstlerin stark beeinflusst.
Verstehst du dein künstlerisches Wirken als eine Mission?
Meiner Meinung nach hat jeder Mensch eine spezielle Aufgabe, eine Berufung. Die Kunst ist der „Raum“, in dem ich meine Arbeit oder meinen Beitrag in diesem Leben leisten möchte. So gesehen verstehe ich meine künstlerische Tätigkeit als einen wesentlichen Teil meiner Mission und als eine Verantwortung, die ich täglich besser wahrnehmen lerne.
Deine aktuellen Gemälde unterscheiden sich von der letzten Serie. Kannst du die Unterschiede erklären?
Die aktuelle Serie besteht aus abstrakten Licht-Gemälden mit flächigen Farben ohne Farbverläufe. Jede Farbe hat eine spezielle Markierung mit einem Buchstaben des Alphabets. Der Titel des jeweiligen Werkes veranschaulicht die Bedeutung und Klassifikation des Buchstabens. Durch die entsprechenden Farbfelder wird eine Verbindung zu jenem Bereich geschaffen, der über das rein Emotionale hinausgeht. Somit bezieht diese Serie rationale und universelle Aspekte des Wesens ein.
In welcher Weise hat deiner Ansicht nach die weltweite Corona-Krise die Kunstszene beeinflusst?
Während der Quarantäne hatte ich das Glück in meinem Atelier sein zu dürfen. So konnte ich über die Situation reflektieren. Gelegentlich hatte ich Videoanrufe mit Kollegen aus der Kunstszene in Wien und Mexiko-City. Viele Künstler stellten sich so wie ich die Frage, wie sie in einer derartigen Situation, in der Menschen sich vorwiegend auf die Grundbedürfnisse wie Toilettenpapier und Lebensmittel konzentrieren, als Künstler dienen können. Wahrscheinlich hat die unfreiwillige Pause bei Ausstellungen, Veranstaltungen, Kunstmessen etc. in Kombination mit der großen Stille und Isolation ein Überdenken des Zwecks und der Funktion der Kunst vorangetrieben. Deshalb wurde ich als Künstlerin noch mehr darin bestärkt, in dieser Krise mein künstlerisches Schaffen dergestalt zu verändern, um einen wirklich positiven Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Hiermit meine ich etwas, das nicht die Verschlechterung des Allgemeinbefindens fördert, sondern bei der Entwicklung des Menschen positiv unterstützt und den Menschen wieder aus den beklemmenden Grenzen der Negativität erhebt. So wie das Licht einer einzigen Kerze die Dunkelheit eines Raums besiegt, so möchte ich durch meine Werke einen Beitrag dabei leisten.
Offizielle Homepage: www.sofiacruzrocha.com