Die künstlerische Schönheit im Alltag finden

Augustin Schütti

Die Her­aus­for­de­rung für den Künst­ler ist es, die Schön­heit der Din­ge und Momen­te des All­tags zum Leben zu erwe­cken und in sei­nen Kunst­wer­ken fest­zu­hal­ten. Das Spiel mit der Har­mo­nie, dem Schö­nen und der Lieb­lich­keit fin­det in sei­nen Wer­ken genau­so Aus­druck, wie Dis­har­mo­nie, das Düs­te­re und das ver­meint­lich Unästhetische.

Augus­tin Schütti

Das Ästhe­ti­sche spricht Men­schen an, aber auch im ver­meint­lich Unäs­the­ti­schen kann man uner­war­te­te Schön­heit fin­den. Selbst das Düs­te­re kann uner­war­te­te Ruhe spen­den. Dies ver­mag der Künst­ler zu ver­mit­teln, weil er sich inten­siv mit sei­nen Wer­ken aus­ein­an­der setzt und somit bei den Betrach­tern Emo­tio­nen erzeugt, die die wah­re Essenz der Gemäl­de bzw. der Skulp­tu­ren wie­der­ge­ben. Augus­tin Schüt­ti lässt sich nicht einer künst­le­ri­schen Kate­go­rie zuord­nen. Sei­ne Wer­ke spie­geln ver­schie­de­ne Pha­sen sei­nes Lebens wider, in denen er sei­ner Krea­ti­vi­tät und sei­ner Fan­ta­sie bewusst kei­ne Gren­zen auf­ge­zwun­gen oder sei­nen Hori­zont ein­ge­engt hat.

Als Künst­ler ver­fü­ge ich über die­sen inne­ren Zwang, der sich schwer beschrei­ben lässt. Es ist der Zwang das Bild, das ich vor mei­nem geis­ti­gen Auge sehe, Wirk­lich­keit wer­den zu las­sen. Ich kann es am bes­ten mit dem Wort „Sucht“ beschrei­ben – die Sucht den Augen­blick ästhe­tisch ein­fan­gen zu wol­len. Eine Sucht, die mich so lan­ge  erfolgt, bis ich das Werk voll­endet habe. 

Er ori­en­tiert sich in sei­nem Schaf­fen sowohl an der Klas­sik als auch an der Moder­ne. Sein Drang jede künst­le­ri­sche Form und jede Tech­nik zu erfor­schen zeugt von einem ruhe­lo­sen Geist auf der Suche nach Mate­ria­li­sa­ti­on. Der Künst­ler bedient sich sei­nes Talents die­sen Drang zu kana­li­sie­ren und ihn in sei­nen Wer­ken ein­zu­fan­gen. Er ver­sucht weder gesell­schaft­li­che Ide­al­fi­gu­ren zu kon­stru­ie­ren, noch möch­te er die­se wie­der­ge­ben. Viel­mehr erzeugt er durch sei­ne Bezie­hung zur Natur ein Abbild der Wirk­lich­keit. Die Viel­fäl­tig­keit Schüt­tis zeigt sich vor allem in der Aus­wahl sei­ner Moti­ve und Tech­ni­ken. Von Land­schafts­dar­stel­lun­gen, wel­che die ein­fa­che Schön­heit des Momen­tes einer ver­gäng­li­chen Natur wie­der­ge­ben, abs­trak­ten geo­me­trisch- kubis­ti­schen For­men, far­ben­präch­ti­gen Still­le­ben,  mpres­sio­nis­ti­schen Dar­stel­lun­gen des All­tags bis hin zu sakra­len Moti­ven, fin­den sich im Reper­toire des Künst­lers noch ein Viel­zahl wei­te­rer Topoi mit denen er sich aus­ein­an­der­setzt. Bei inten­si­ve­rer Betrach­tung sei­ner Wer­ke ist ein Roter Faden auf­fal­lend: der weib­li­che Akt, der sich durch sei­ne unter­schied­li­chen Schaf­fens­pha­sen zieht. Schüt­ti sieht im weib­li­chen Akt Ruhe und Sinn­lich­keit. Im Vor­der­grund ste­hen natür­li­che Pro­por­tio­nen, wie etwa aus­la­den­de Hüften.

Damit rich­tet er sich bewusst gegen die heu­te gel­ten­den und kom­mu­ni­zier­ten „Schön­heits­idea­le“ in unse­rer Gesell­schaft. Der Künst­ler stellt in sei­nen Gemäl­den und Skulp­tu­ren oft nicht den Anspruch auf Voll­kom­men­heit, son­dern arbei­tet bewusst mit Reduk­ti­on. Es sind kei­ne extra­va­gan­ten Bewe­gun­gen oder Ges­ten, son­dern eine schlich­te Ele­ganz durch über­leg­te Lini­en, die vie­le sei­ner Wer­ke aus­ma­chen. Augus­tin Schüt­ti arbei­tet mit vie­len ver­schie­de­nen Mate­ria­li­en, aber sei­ne Lei­den­schaft gilt der Arbeit mit Ölfar­ben. Die­se erlau­ben Schich­ten und Struk­tu­ren, erschaf­fen For­men, las­sen Drei­di­men­sio­na­li­tät zu und ermög­li­chen neue Farbgebungen.

Für ihn erfül­len Ölfar­ben sei­nen künst­le­ri­schen Anspruch und kön­nen am bes­ten sei­nen Inhalt auf die Lein­wand trans­por­tie­ren. Für Schüt­ti ist die rich­ti­ge Tech­nik essen­ti­ell: „Die rich­ti­ge Tech­nik muss gewählt wer­den. Was bringt jeman­dem die Idee, wenn man die Mög­lich­keit ver­schie­de­ner Tech­ni­ken nicht nutzt, um sie real wer­den zu las­sen.“ Zur Tech­nik gehört für ihn aber auch eine gewis­se Plan­mä­ßig­keit und Ord­nung, denn Abs­trak­ti­on muss genau­so geplant wer­den wie Rea­lis­mus. Schüt­ti sagt über sei­ne Arbeit: „Mir ist nicht wich­tig was ich male, son­dern wie ich male. Wich­tig ist mir die unbe­merk­te Schön­heit in der all­täg­li­chen Rou­ti­ne ein­zu­fan­gen und es zu ver­ewi­gen. Ich ver­su­che den Blick wie­der auf die ver­bor­ge­ne Schön­heit die­ser Objek­te und Figu­ren zu len­ken, indem ich sie in ihrer Form ver- und bear­bei­te.“ Augus­tin Schüt­ti, gebo­ren 1953, stu­dier­te Bild­haue­rei und Male­rei an der Aka­de­mie der Schö­nen Küns­te in Tira­na. Seit 1990 lebt und arbei­tet er in Wien.

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geschrieben von

Pfarrer von Dechanskirchen, Kunstliebhaber und -kenner, der mehrere Ausstellungen von Schütti begleitet und durchgeführt hat. Er begleitet den Künstler seitdem er nach Österreich ausgewandert ist, also seit 26 Jahren.

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