Wer bin ich?
Er stammt aus Langenberg im Rheinland, wo er 1934 geboren wurde und sich dem Studium der Grafik und Werbung widmete und bald darauf zum Art-Director der gestaltenden Industrie berufen wurde. Die Malerei war in ihm tief verwurzelt, jedoch erst nach seinem Umzug ins Elsass stand die Malertätigkeit im Vordergrund. Er ist ein akademischer Maler, mit Studium an der staatlichen Werkkunstschule in Kassel, entstammt jedoch nicht dem Kunstbetrieb einer Hochschule. Was er wirklich als Maler ist, der klassischen Moderne verpflichtet, lässt sich rasch aus dem unerschöpflich scheinenden Repertoire seines OEuvre erfassen.
In über 30 Jahren entstand das künstlerische Werk von Horst Schulz-Merliès, in dem sich Konkretes und Abstraktes die Waage halten. Ein ständiges Pendeln zwischen dem, was er sieht, und dem, was wahrgenommen wird. Er konkretisiert sein gesamtes Werk aus Überlegungen seiner gegenwärtig vorhandenen Möglichkeiten und dem Gegenspiel der Illusion. Seine Kunst ist Kommunikation, ein vorrangiger Ausdruck in Farben, in reduziert-abstrahierten Darstellungen – sein Inneres nach außen projizieren –, sie spricht und drückt aus als echter Lebensvollzug. Schulz-Merliès ist durch und durch ein verantwortungsbewusster, ein nachdenklicher und zugleich spekulativer Schöpfer – ein Zwei-Welten-Gänger. Dies eröffnet ihm ein weites Spektrum stilistischen Experimentierens, eine Inszenierung menschlicher Verhaltensweisen im Kontext einer modernen Formensprache. Ohne Anspruch auf Objektivität entstehen die Werke zwischen konkret-realistisch und abstrahierend-abstrakt. Anklänge an die großen Meister Beuys, Beckmann oder Picasso werden wach.
Wissen Sie, als Designer und Art-Director bin ich dem konkreten überantwortet. Ich habe Untergebene, für die ich Verantwortung trage.
Die Malerei Schulz-Merliès’ versucht die Synthese zwischen angewandter Kunst und reiner Kunst, zwischen Design und existentieller Malerei. Ein Anliegen, das in der Moderne immer typisch war, so – um nur drei zu nennen – bei Léger, Warhol und Vasarely. Design und Malerei gingen bei diesen eine gelungene Synthese ein. Schulz-Merliès verarbeitet stilkritisch das formale Repertoire der modernen Malerei, um zeitgemäße Ausdruckskunst zu erstellen, in der der moderne Mensch in seinen Lebens- und Denkbezügen dargestellt werden kann. Der Mensch ist infinitesimales Zentrum seiner Bilder. Dies ist vorrangiger Ausdruck, den man beim Betrachten seiner Gesichtslandschaften haben kann, mit denen er sich einordnet in das klassische Thema der modernen Kunst. Diese Serie von Kopf-Form-Bildern erinnert an Antes, an Hofers apokalyptische Gesichter, an Ensors Masken, an Picassos Harlekine, aber auch an die mystischen Gestalten eines Rouault, ebenso wie an Buffets reduzierte und abstrahierte Menschendarstellungen. Motivlich stellen diese Werke die Frage: „Was ist der Mensch – in welchen beruflichen und gesellschaftlichen Beziehungen steht er – welche Bedeutung kommt ihm im Kosmos zu?“ Anziehung und Abstoßung, Freude und Leid, Vereinsamung, Trauer und Todesahnung sind jene Motive, die immer wieder in diesen Bildern auftauchen. Häufig werden aber auch säkularisierte, religiöse Themen hergestellt. So erinnert manches an Pietàs, Kreuzigungen und Kreuzabnahmen. Das zentrale Thema ist die menschliche Kommunikation, die so selten gelingt, meistens jedoch scheitert. (Auszug vom Text Siegbert Fischers, Katalog Horst Schulz-Merliès).
Ich bin kein Maler, sondern Designer.
Wir stehen im Atelier von Horst Schulz-Merliès, betrachten die harmonische Qualität seiner Bilder, ein Muster- und Farbenspiel, an eine musikalische Komposition erinnernd, und man kommt unweigerlich zum Schluss, dass Schulz-Merliès seine Welt in der Trinität wahrgenommen hat; konkret, abstrahierend und abstrakt. Stammen diese Kunstwerke nun von einem, zwei oder einer Vielzahl von Malern? Steckt hinter dieser beeindruckenden, außergewöhnlichen Vielfalt tatsächlich lediglich eine Person? Sofort wird erkennbar, dass das Soziale vor dem Ästhetischen steht. Schulz-Merliès reflektiert eine unverwechselbare Art der Konzentration auf das Wesentliche, das begründet ist in der Erkenntnis, dass ein Irrtum im sozialen Handeln weitreichende soziale Folgen hat. Einzigartige kubistische Darstellungen, rhythmische Farbstrukturen, pyramidale Körper, mitmenschliche Befindlichkeiten sowie synchron dargestellt Gesichtsausdrücke als Gesamtkunstwerk der Schulz-Merliès’schen Bildwelt. Seine abstrakten Werke überzeugen und artikulieren die existentielle Befindlichkeit des Künstlers.
Die Welt wird allabendlich genüsslich am Fernseher konsumiert. Weil man innerlich schon tot ist, lässt man sich unterhalten.
Formale Spiele und stilistischen Experimente kennzeichnen durchwegs seine Schaffenskraft. Innovative formale „Neuentwicklungen“ sind ihm besonders wichtig. Ästhetische Fixierungen und Manierismen lehnt Schulz-Merliès strikt ab. Ein wesentliches künstlerisches Prinzip ist für Schulz-Merliès die permanente Weiterentwicklung technischer Möglichkeiten, wobei es ihm wichtig ist, dass der bildverstehende Prozess zwischen Maler und Betrachter nicht unterbrochen wird. Horst Schulz-Merliès verlässt diese „Scheinwelt Erde“ nach langer Krankheit am 8. Juli 2014 und hinterlässt der Nachwelt ein großartiges, unverwechselbares OEuvre, von welchem wir noch vieles hören und sehen werden.
Ich bin, weil ich spiele, baue eine illusionistische Welt auf, potenziere kreative Akte der verschiedenen Möglichkeiten des Wahrnehmens. Werden ist alles.