Fiona Krüger

Ein Konzept von Zeit und Vergänglichkeit.

Fio­na Krü­ger ist Desi­gne­rin im Kunst- und Pro­dukt­de­sign. Ihre Lei­den­schaft für hand­ge­fer­tig­te Objek­te, Tra­di­ti­on und Hand­werks­kunst steht im Mit­tel­punkt ihrer Arbeit. Nach Abschluss ihrer Mas­ter of Advan­ced Stu­dies im Design für die Luxus­in­dus­trie bei Ecal in der Schweiz ent­schloss sie sich, ihr eige­nes „Zeit-Kunst-Stück“ zu ent­wi­ckeln: Die Skull-Uhr.

Fion­as ein­zig­ar­ti­ges Design-Ver­fah­ren wur­de „New Metier d’Art“ genannt, jene Kunst, mecha­ni­sche Uhren in emo­tio­na­le Uhren zu ver­wan­deln. Fio­na Krü­ger grün­de­te schließ­lich ihre eige­ne, unab­hän­gi­ge Uhren­mar­ke – ein Gesamt­kunst­werk als Resul­tat, feins­tes Kunst­hand­werk, unver­kenn­bar und mit höchs­ter Prä­zi­si­ons-Tech­no­lo­gie – à la „Swiss Made“ eben. Wir haben ihr eini­ge Fra­gen gestellt.

Im Inter­view mit Fio­na Krüger 

Erzäh­len Sie uns bit­te kurz, wie Ihre Kar­rie­re begon­nen hat, und wie Sie es zu Ihrer eige­nen Uhren­mar­ke gebracht haben.

Mei­ne Wur­zeln lie­gen in der bil­den­den Kunst: Ich habe in Edin­burgh (ich stam­me aus Schott­land) einen ent­spre­chen­den Uni­ver­si­täts­ab­schluss abge­legt, bevor ich nach Süd­afri­ka zog, um in einer Kunst­ga­le­rie zu arbei­ten. Wäh­rend mei­ner Zeit in Johan­nes­burg sah ich mich nach Mas­ter-Stu­di­en­gän­gen um, da ich an Uni­ver­si­tä­ten unter­rich­ten woll­te, und stieß auf die ein­jäh­ri­ge Aus­bil­dung im Bereich Hand­werk und Design für die Luxus­in­dus­trie an der Schwei­zer ECAL. Ich bewarb mich, wur­de ange­nom­men, und ent­deck­te dort mei­ne Lei­den­schaft für Uhren. Der Stu­di­en­gang wur­de damals teil­wei­se von Aude­mars Piguet gespon­sert, aber ich hat­te von der Mar­ke noch nie zuvor gehört! Ich kann­te einen ein­zi­gen Uhren­her­stel­ler, und zwar Rolex. Wir soll­ten eine Uhr für sie gestal­ten, also unter­nah­men wir glück­li­cher­wei­se eini­ge Aus­bil­dungs­aus­flü­ge und lern­ten die Mar­ke und die Uhren­in­dus­trie etwas bes­ser ken­nen. Beson­ders stark beein­druckt hat mich damals der Besuch im Uhren­werk von AP, wo wir außer­or­dent­li­chen Frau­en und Män­nern zuse­hen durf­ten, die in ein­drucks­vol­ler Kleinst­ar­beit Uhren zusam­men­setz­ten. Für mich war das unglaub­lich! Ich hat­te noch nie Men­schen so prä­zi­se mit so win­zi­gen Tei­len arbei­ten gese­hen. Mein Inter­es­se wuchs und wuchs. Bald dar­auf besuch­ten wir das Patek Phil­ip­pe Muse­um, und als ich die his­to­ri­sche Uhren­samm­lung sah, war es um mich gesche­hen. Danach beschäf­tig­te ich mich mit der Geschich­te der Uhr­ma­che­rei und Zeit, und brauch­te noch ein gutes Kon­zept für mein Design­pro­jekt. Zeit und Sterb­lich­keit schie­nen mir im Zusam­men­hang mit mecha­ni­schen Uhren aktu­el­ler denn je, und der Toten­schä­del ist in der Geschich­te der Uhr­ma­che­rei kei­ne Seltenheit.

Bei mei­nen Nach­for­schun­gen stieß ich auf die Toten­schä­del-Taschen­uhr der Schot­ti­schen Köni­gin Maria Stuart (geni­al!) und fand her­aus, dass schä­del­för­mi­ge Taschen­uh­ren im 16. und 17. Jahr­hun­dert ein rich­tig ange­sag­tes Acces­soire für Damen waren. Damit war der Grund­stein für mei­ne Arbeit gelegt (ich hat­te an die­ser Stel­le völ­lig ver­ges­sen, dass ich ein Design für AP aus­ar­bei­ten soll­te). Nach dem Abschluss des Work­shops beschloss ich, einen Pro­to­ty­pen mei­nes Designs für mei­ne Mas­ter­ar­beit anzu­fer­ti­gen und geriet über mei­nen Pro­fes­sor an der ECAL an Peter Spea­ke Marin. Ich traf Marin nach der Basel­world 2011, zeig­te ihm mein Pro­jekt und erklär­te ihm, dass ich einen funk­ti­ons­tüch­ti­gen Pro­to­ty­pen für mei­ne Diplom­ar­beit her­stel­len woll­te (bis zum Abga­be­ter­min waren es noch 6 Wochen). Er hör­te mir zu, gab mir eini­ge Lie­fe­ran­ten­kon­tak­te, erklär­te sich bereit, alle Tei­le zusam­men­zu­set­zen, falls ich sie recht­zei­tig besor­gen konn­te, und bot mir einen Satz sei­ner Uhren­zei­ger an, falls ich sie brauch­te. Ich brach­te 4 Wochen damit zu, von Lie­fe­rant zu Lie­fe­rant zu eilen und stand eines Mor­gens vor Marins Werk­statt – er setz­te mei­ne Uhr zusam­men, und eine Woche spä­ter prä­sen­tier­te ich sie einer Jury, zu der unter ande­rem Max Bus­ser gehörte.

Ich erhielt mei­nen MA mit Aus­zeich­nung und durf­te dank mei­nes Pro­jekts anschlie­ßend sofort an der Uni­ver­si­tät arbei­ten. Gleich­zei­tig bekam ich Anfra­gen von Inter­es­sen­ten, die mei­ne Uhr kau­fen woll­ten, also such­te ich gut 2 Jah­re lang nach den geeig­ne­ten Hand­wer­kern und Lie­fe­ran­ten, um mein eins­ti­ges Stu­di­en­pro­jekt zu einem rea­len Pro­dukt zu machen. Im August 2013 war es soweit, und ich ließ 12 Stück herstellen…das war die Geburts­stun­de mei­nes Unter­neh­mens. Seit­her habe ich Designs ent­wi­ckelt, mit den bes­ten Ver­trie­ben welt­weit gear­bei­tet und mit Top-Jour­na­lis­ten der Fach­pres­se gespro­chen. Es war fan­tas­tisch, denn alle­samt waren aus­ge­spro­chen hilfsbereit.

Wie kamen Sie dazu, den Toten­schä­del für Ihr Design zu wäh­len? Gibt es eine beson­de­re Geschich­te zu die­ser USP?

Die Inspi­ra­ti­on stammt aus der Geschich­te der Uhr­ma­che­rei und der sym­bo­li­schen Bedeu­tung von Toten­schä­del und Ske­lett. Wie ich bereits ange­spro­chen habe schei­nen die Kon­zep­te Zeit und Sterb­lich­keit beson­ders rele­vant, wenn man über mecha­ni­sche Uhren in der heu­ti­gen Welt nach­denkt, und der Toten­schä­del ist ein über­all bekann­tes Sym­bol. Das war für mich wich­tig: Unab­hän­gig von Kul­tur und Spra­che zu sein. Eine Autorin namens Faye Dow­ling schrieb ein­mal „Der Toten­schä­del ist das ulti­ma­ti­ve Sym­bol für Leben, Tod und die mensch­li­che Erfah­rung“ – ich kann mir kaum eine bes­se­re Inspi­ra­ti­on für das Design einer Maschi­ne vor­stel­len, die die Zeit anzeigt!

Was unter­schei­det Sie und Ihr Unter­neh­men von ande­ren Uhrenherstellern?

Wahr­schein­lich mei­ne Art zu arbei­ten und die Tat­sa­che, dass ich eine tota­le Außen­sei­te­rin bin. Was das Design betrifft, lässt sich mei­ne Arbeit wohl am bes­ten als „künst­le­ri­scher Ver­such der Hau­te Hor­lo­ge­rie“ defi­nie­ren. Ich betrach­te Uhren mit den Augen einer Künst­le­rin, also sehe ich in der mecha­ni­schen Bewe­gung Mus­ter, in der Guil­lochage Licht und Schat­ten…der Design­pro­zess unter­schei­det sich also ein biss­chen von dem eines rich­ti­gen Uhren­ma­chers. Was mich selbst betrifft: Ich bin Schot­tin, habe kei­ner­lei frü­he­re Ver­bin­dung mit der Uhr­ma­che­rei und bin erst mit 25 Jah­ren auf die­sen Sek­tor gesto­ßen. Das ist kaum das „typi­sche“ Pro­fil einer Unter­neh­me­rin mit eige­ner Uhren­mar­ke! Ich war außer­dem bis neu­lich ein Eine-Frau-Unter­neh­men, bis heu­er mein Mann ein­stieg. Wie haben kei­ner­lei Inves­to­ren, also besteht unser Unter­neh­men ganz ein­fach aus uns bei­den und mei­nem Skiz­zen­heft. Unser Ziel ist es, Men­schen zum Lächeln zu brin­gen, mit den bes­ten Hand­wer­kern der Bran­che zu arbei­ten und deren Fähig­kei­ten durch unse­re Pro­duk­te her­vor­zu­he­ben. Ich lie­be die Schwei­zer Uhren­in­dus­trie – sie hat eine außer­or­dent­li­che und unglaub­lich krea­ti­ve Geschich­te, auf die ich mit mei­nen Uhren zurück­grei­fen möchte.

Was macht Ihre Pro­duk­te ein­zig­ar­tig, und wie ein­fach ist es für Sie, Ihre Pro­duk­te und Designs stän­dig wei­ter zu entwickeln?

Ich glau­be, unse­re künst­le­ri­sche Her­an­ge­hens­wei­se macht unse­re Uhren ein­zig­ar­tig. Wir arbei­ten aus­schließ­lich mit den bes­ten Schwei­zer Uhr­ma­chern und Lie­fe­ran­ten zusam­men, da wir Fer­tig­kei­ten und Tra­di­tio­nen am Leben erhal­ten und durch unse­re Krea­tio­nen auch ein biss­chen her­aus­for­dern wol­len. Es han­delt sich um eine ech­te Zusam­men­ar­beit, die für mich als Desi­gne­rin unge­mein inspi­rie­rend ist. Die Basis dafür sind ganz allein Krea­ti­vi­tät und hand­werk­li­che Fer­tig­keit. Neue Ideen aus­zu­ar­bei­ten ist ein Genuss und eine auf­re­gen­de Her­aus­for­de­rung, wenn man mit so außer­or­dent­li­chen Men­schen zusam­men­ar­bei­ten darf – das macht Spaß! Unse­re ein­zi­gen Ein­schrän­kun­gen sind die Zeit, die uns gege­ben ist, und die Finan­zen, die wir – wie alle unab­hän­gi­gen Brands – vor­sich­tig ver­wal­ten müssen.

Wie sehen Ihre Zukunfts­plä­ne aus? Haben Sie schon neue Ideen?

Es steht eine Men­ge auf­re­gen­der Neu­hei­ten an! Ich habe an einer Krea­ti­on für Faber­gé gear­bei­tet, einem fan­tas­ti­schen Brand mit ech­ten Visio­nen für neue Uhren und gro­ßer Ver­bun­den­heit zu Krea­ti­vi­tät und Hand­werk. Wir haben zwar sehr tra­di­tio­nel­le Deko­tech­ni­ken der Hau­te Hor­lo­ge­rie ange­wandt, aber aus ästhe­ti­scher Sicht neue Gren­zen aus­ge­lo­tet. Die­sen Kon­trast fin­de ich auf­re­gend und Aure­lie Picaud (die Ver­ant­wort­li­che für den Bereich Uhren bei Faber­gé) scheut Inno­va­ti­on kei­nes­wegs, was mich beson­ders freut. An die­sem Pro­jekt habe ich per­sön­lich als Desi­gne­rin für Faber­gé gear­bei­tet. Als Brand haben wir außer­dem mit L’EPEE zusam­men­ge­ar­bei­tet – heu­er soll eine neue Wand­uhr erschei­nen. Auch bei L’EPEE han­delt es sich um einen ein­zig­ar­ti­gen Part­ner. Die neu­en Uhren sind Ko-Krea­tio­nen von L’EPEE und Fio­na Krü­ger Tim­epie­ces. Die Arbeit an mecha­ni­schen Gerä­ten gewis­ser­ma­ßen unge­wohn­ter Grö­ße war fan­tas­tisch, und L’EPEE ist dank sei­ner Vor­lie­be für Krea­ti­vi­tät und Uner­war­te­tes ein aus­ge­zeich­ne­ter Part­ner. Was unse­re Uhren betrifft, so erscheint dem­nächst ein neu­es Modell unse­rer Skull-Kol­lek­ti­on – wie­der ein leben­di­ges Teil, das den Trä­gern ein Lächeln ins Gesicht zau­bern wird. Ich arbei­te außer­dem an einer neu­en Uhren­li­nie mit einem eige­nen Kon­zept und einer eige­nen Form, die vor­aus­sicht­lich nächs­tes Jahr erschei­nen wird.

www.fionakrugertimepieces.com

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