Ihre weltweite Bedeutung verdankt die Sammlung Rosengart (Luzern) ihren zwei Schwerpunkten Paul Klee und Pablo Picasso, denen die Vorliebe der Sammler und Kunsthändler Vater Siegfried Rosengart und Tochter Angela Rosengart galt. Während die 125 Aquarelle, Zeichnungen und Gemälde umfassende Klee-Sammlung Werke in außergewöhnlicher Qualität aus allen Schaffensperioden des Künstlers umfasst, konzentriert sich die Picasso-Gemälde-Sammlung auf das Schaffen Picassos ab 1938, ergänzt von hervorragenden Zeichnungen und Aquarellen aus früheren Epochen. Schon früh haben Siegfried und Angela Rosengart die Bedeutung des zukunftsweisenden Spätwerks von Picasso erkannt, als es noch kaum akzeptiert war. Durch ihre Freundschaft mit dem Künstler, die außerdem durch fünf Porträts von Angela Rosengart dokumentiert wird, haben sie sich Schlüsselwerke sichern können.
Angela Rosengart erzählt uns, dass die Besuche bei Picasso ihr Herz am höchsten schlagen ließen. Sie waren wohl die fruchtbarsten für die einstige Galerie und heutige Sammlung Rosengart. Zwischen 1956 und 1971 dokumentierten 8 Ausstellungen die Verbindung mit dem großen Freund Picasso, der auch für jeden Ausstellungskatalog den Umschlag entwarf. Im Museum sind heute alle Vorlagen dafür ausgestellt. Picasso drückte dabei seine Anerkennung für das Qualitätsgefühl der Familie Rosengart einmal durch folgende Bemerkung an Jacqueline aus: „Die Rosengarts nehmen doch immer die Schönsten!“
„Es war nicht immer leicht, bei Picasso zum Ziel zu kommen“, bemerkt Angela Rosengart bei der persönlichen Führung durch ihre Sammlung, „aber wenn er etwas Konstruktives hinter einem Anliegen spürte, ließ er sich überzeugen. Im Frühjahr 1970 hatte er auf Sperrholz gemalte Bilder von einem Schreiner mit Keilrahmen versehen lassen. Bei unserem Besuch standen sie alle noch an den Wänden des Ateliers aufgereiht. Es waren zum größten Teil abstrahierte Frauenköpfe mit einem breitrandigen Hut, vorwiegend in Grautönen gehalten, aus dem Jahre 1961. Picasso, der unsere Vorliebe für seine Grisaillen kannte, begrüßte uns mit den Worten: Venez, j’ai quelque chose pour vous!“ Das seien alles Ideen für eine Skulptur, erklärte er und zeigte uns auch die dazugehörende Eisenblechskulptur. Der Stein schlug Funken. Abends im Hotel entwarf mein Vater eine Art Plakat mit der Skizze der eben gesehenen Bilder und dem Text: „Picasso – L’Idée pour une sculpture, théme et variations – Galerie Rosengart, Lucerne“. Dieses Papier legten wir am nächsten Tag Picasso vor. Er schmunzelte. Der Plan schien ihm zu gefallen. Nach langem Hin und Her gab er die Zustimmung. Die Bilder durften wir kaufen, die Skulptur und die Zeichnungen noch nicht. Dazu konnten wir ihn erst während der Ausstellung bewegen.“
Und so kann Angela Rosengart zu fast allen Exponaten eine Geschichte erzählen. Durch diese Anekdoten, die sie auch in diversen Büchern veröffentlicht hat und die somit den Besucher*innen auch zugänglich gemacht werden, wird ein Besuch dieser Sammlung zu einem echten Erlebnis. Für den Besuch sollte man sich ausreichend Zeit nehmen, denn die Ausstellung ist umfassend. „Manche Besucher*innen kommen lieber öfters, denn alles auf einmal ist schon viel“, bestätigt uns Angela Rosengart, die nach wie vor persönlich den Museumsbetrieb verantwortet.
Es gab Bilder, die uns so sehr ans Herz wuchsen, dass wir uns einfach nicht mehr entschliessen konnten, sie weiterzugeben.
Zu den Schwerpunkten Picasso und Klee gesellen sich weitere Werke aus der Klassischen Moderne sowie des Impressionismus und ausgehenden 19. Jahrhunderts in einer subjektiven Auswahl, die die Vorliebe der Sammler für die Qualität des Malerischen widerspiegelt: darunter beispielsweise das wichtigste und größte, weltweit einzigartige Gemälde aus der 1913 entstandenen Serie der „Contraste de formes“ von Fernand Léger, zwei kubistische Hauptwerke von Georges Braque, die bezaubernde „Tänzerin II“ von Joan Miró, das farbintensive „Zitronen und Steinbrech“ von Matisse, ein Hauptwerk von Edouard Vuillard aus dessen Frühzeit, wunderbare Landschaften von Monet und Pissarro oder außergewöhnliche Gemälde von Soutine, Utrillo und Rouault. Alles Bilder, die „mit dem Herzen“ und mit dem Gefühl für höchste Qualität erwählt wurden.
Den adäquaten Raum und Rahmen erhielt die private Sammlung Rosengart in dem neoklassizistischen Gebäude an der Pilatusstraße, das ursprünglich für die Schweizer Nationalbank 1923/24 erbaut worden war. „Für mich bedeutet es einen Glücksfall, dass die äußere Erscheinung des Baus den Vorstellungen entspricht, die man sich von einem klassischen Gemäldemuseum macht. Und viele der Kunstwerke, die darin ausgestellt werden, sind sogar in der gleichen Epoche entstanden“, freut sich Angela Rosengart. Die vollkommene Symbiose zwischen Sammlung und Räumen begeistert seit der Öffnung des Museums im Jahr 2002 Tausende von Besuchern aus aller Welt, die eine einmalige Atmosphäre inmitten hochkarätiger Kunst erleben.