Interview mit Arthur Arbesser und Xenia Hausner
Im Februar feierte Richard Strauss’ DER ROSENKAVALIER in der Inszenierung von André Heller Premiere an der Staatsoper Unter den Linden. Kaum jemand kennt die Atmosphäre von Hofmannsthals »Rosenkavalier« – Wien besser und kann sich intensiver in sie hineinversetzen als der österreichische Multimediakünstler, der mit dieser Produktion, mit Unterstützung von Wolfgang Schilly in der Regie, seine erste große Oper erarbeitet hat. Der Entwurf des Bühnenbilds stammt von der international gefeierten Malerin Xenia Hausner, die Kostüme von Mode-Shootingstar Arthur Arbesser, der in Mailand arbeitet. Die opulente Ausstattung ist inspiriert von der Belle Époque und dem Jugendstil. Es spielt die Staatskapelle Berlin unter der musikalischen Leitung ihres Ehrendirigenten Zubin Mehta. Als Feldmarschallin ist Camilla Nylund zu erleben, die Partie des Baron Ochs auf Lerchenau übernimmt Günther Groissböck. Michèle Losier und Nadine Sierra geben ihre Rollendebüts als Octavian und als Sophie.
Uns interessiert vor allem die künstlerische Zusammenarbeit von Arthur Arbesser, Xenia Hausner und Andrè Heller. Im Zuge der Vorbereitungen durften wir hinter die Kulissen blicken und mehr darüber in Erfahrung bringen, wie Hugo von Hofmannsthals Fantasie-Wien voller Lebenslust, Schwänke und althergebrachter Standesgrenzen, aber auch voll Depression und Morbidität von dem österreichischen Kunst- und Designtrio in Bühnenbild und Kostümen übersetzt wird.
Der Modedesigner Arthur Arbesser studierte am St Martin’s College in London und arbeitete mehrere Jahre für Giorgio Armani, bevor er 2012 sein eigenes Label gründete. Seine erste Kollektion zeigte er 2013 auf der Mailänder Modewoche. Xenia Hausner hat zum ersten Mal nach langer Zeit wieder ein Bühnenbild entworfen und erinnert damit an die Anfänge ihrer künstlerischen Karriere. Sie studierte nämlich von 1972 bis 1976 an der Akademie der bildenden Künste in Wien und an der Royal Academy of Dramatic Art in London. Von 1977 bis 1992 entstanden Bühnenbilder für Theater- und Opernproduktionen u. a. am Royal Opera House Covent Garden in London, am Burgtheater Wien, am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel und für die Salzburger Festspiele. Seit 1992 arbeitet Xenia Hausner ausschließlich als Malerin. Ihre Werke werden international in Museen, Galerien und auf Kunstmessen gezeigt.
In unserem Gespräch mit den beiden wird schnell klar, dass diese Zusammenarbeit im Rahmen einer Operninszenierung alles andere als alltäglich, sondern etwas ganz Besonderes ist.
Herr Arbesser, die Zusammenarbeit mit Andre Heller und Xenia Hausner stellen wir uns als kreative Explosion vor. Wie haben Sie dieses Zusammenwirken erlebt?
ARTHUR ARBESSER: Ja, es war eine kreative Explosion auf höchstem Niveau und eine große Ehre für mich. André Heller ist ein wahrer Ästhet und Xenia Hausner eine unglaubliche Malerin mit einem so wunderbaren Gefühl für Farbe und Proportionen. Es wurde auch viel gemeinsam nachgedacht, gelacht und entschieden – so ein echtes Teamwork geprägt von gegenseitigen Respekt gibt es, glaube ich, nicht sehr oft und war besonders schön.
Frau Hasuner, Sie haben als Bühnenbildnerin ja schon häufiger Bühnenbilder kreiert. Welche besondere Herausforderung bestand nun im Falle der Inszenierung des Rosenkavaliers?
XENIA HAUSNER: Die Herausforderung war den Rausch der Musik atmosphärisch in das Bühnenbild umzusetzen. Es sind ja drei ganz verschiedene Schauplätze und diese in ein ästhetisch durchgehendes Moment einzubinden – das war das Spannende. Es war eine Freude mit André Heller gemeinsam eine Lösung zu finden, er ist eine charismatische Figur, der seine Sicht der Dinge kreativ einbringt.
Worauf darf sich das Publikum visuell freuen – denn der Rosenkavalier ist inhaltlich ja sehr emotional?
XENIA HAUSNER: Ja, es geht um zwischenmenschliche Beziehungen – mit deren Erforschung beschäftige ich mich auch in meiner Malerei. Insofern passen der Rosenkavalier und ich gut zusammen. Visuell haben wir versucht die Trennung vom Bühnenraum und Zuschauerraum zu überwinden und das Publikum näher an das Geschehen heranzuführen. Das ist bei einer klassischen Guckkastenbühne nicht so einfach…
Und wie, Herr Arbesser, darf man sich die Kostüme im Rosenkavalier 2020 vorstellen, zeitgenössisch? Es gibt eine Anlehnung an Belle Époque und Jugendstil, aber wahrscheinlich ist der Stil des Arthur Arbesser schon klar erkennbar oder?
ARTHUR ARBESSER: Dieser Rosenkavalier soll zum Träumen einladen und vor allem wunderschön sein – mit zeitgenössisch hat er daher weniger zu tun – sondern Andrè Heller versetzte ihn in ein mit viel Phantasie und Charme gesehenes Jahr 1917. Das kommt mir sehr zu Gute denn in meinen eigenen Kollektionen findet man oft Anlehnungen an den Jugendstil und die Wiener Moderne-daher denke ich wird man auf ganz natürliche Art und Weise meine Handschrift in den Kostümen erkennen.
Diese Inszenierung ist ein schönes Beispiel, wie Kunst und Design ineinanderfließen und sich gegenseitig befruchten. Gibt es da in Ihrer Arbeit, Herr Arbesser, auch noch andere Berührungspunkte mit der bildenden Kunst?
ARTHUR ARBESSER: Die bildende Kunst, aber auch die Architektur, waren für mich immer DIE Quellen der Inspiration und für Ideen – insofern wird es immer unzählige Berührungspunkte, Kontakte oder gemeinsame Projekte in meiner Arbeit geben. Bisher war fast jede Kollektion von einem Künstler oder einem Künstlerleben inspiriert, denn so macht auch mir das (modische) Erzählen einer neuen Geschichte (Kollektion) alle 6 Monate viel mehr Spaß.
Parallel zur Oper läuft in Berlin auch die Ausstellung mit dem Titel »This will have been another happy day!«. Was werden Sie Frau Hausner dort zeigen?
XENIA HAUSNER: In der Ausstellung zeige ich ausschließlich Paarbeziehungen – das ist sozusagen die Fortführeng des Rosenkavalier Kammerspiels. In meiner Malerei steht die Ergründung des Zwischenmenschlichen im Zentrum. Bei mir geht‘s fragmentarisch immer um Liebe, Sehnsucht, Einsamkeit – mit einem Wort, um alles was wir als Möglichkeit in uns angelegt haben mit allen Widersprüchen. Meine Bilder sind keine Lebensanleitungen und Rezepte, sondern werfen Fragen auf.