Die wunderbare Erfahrung der Kombination aus Mode und künstlerischer Suche
Nicola Bacchilega ist schon lange auf der Suche nach der idealen Verbindung von Kunst und Mode – nach der Möglichkeit, ungewöhnliche Materialien und innovative Techniken zu verwenden, Experimente mit dem Gewebe durchzuführen und dabei etwas Einzigartiges zu schaffen. Gemäß der verbreiteten Meinung entwirft und schneidert der Stylist − oder zumindest eher der Modedesigner als der Schneider − die Kleidung. Aber nur wenige wissen, dass hinter jedem Haute-Couture-Kleid auch Forschungs- und Teamarbeit steht, bei der verschiedene Techniken, Instrumente und Materialien zum Einsatz kommen.
Ein Kleid zu tragen, das vollständig aus keramischem Material besteht und mit einem Überzug aus reinem Gold versehen ist, ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Für heutige Trends und Umweltrichtlinien, die in zunehmendem Maße die Verwendung von „grünen“ Materialien fördern, ist es aber ganz besonders wichtig, Materialien zu verwenden, die ökologisch nachhaltig sind und den ohnehin schon prekären Zustand der Umwelt nicht noch mehr schädigen. In diesem Zusammenhang haben wir den Schöpfer dieses neuen Konzepts, dieser ungewöhnlichen, aber äußerst faszinierenden Art von Kleidung interviewt. Nicola Bacchilega (Jahrgang 1990) aus Faenza ist nicht nur ein Beispiel für stilistische Virtuosität, sondern trotz seiner Jugend auch ein Vorzeigedesigner, der sich bereits seit über 10 Jahren intensiv mit Materialforschung auseinandersetzt. Hinter jedem seiner Kleider und Accessoires steckt jahrelanges Experimentieren. Besonders angetan hat es ihm aber die Keramik. „Es ist allgemein bekannt, dass Faenza eine der wichtigsten Städte der Welt für Kunstkeramik ist, und seit meiner Kindheit hat mich dieses außergewöhnliche Material fasziniert und inspiriert. Es ist ein formbares und vollkommen umweltfreundliches Material, da es aus dem Boden stammt“, kommentiert Nicola Bacchilega. „Ich habe schon immer gern mit alternativen Materialien gearbeitet, sie in dreidimensionaler Form genäht und eingefärbt. Mein Weg begann in Faenza, und neben meinem familiären Hintergrund, der mir sicherlich geholfen hat, hatte ich die Möglichkeit, in der Werkstatt der Designerin Roberta Graziani Erfahrungen zu sammeln“, sagt der junge Designer, der nach seinem Abitur am Institut für keramische Kunst „Gaetano Ballardini“ in Faenza nach Turin ging, wo er neue Skulpturtechniken sowie die Verarbeitung von Kunstharz, glasfaserverstärktem Kunststoff und Metallen wie Messing erlernte und praktizierte.
Inspiriert wurde Nicola Bacchilega – so seine Aussage – von der Möglichkeit, den menschlichen Körper zu verändern, d.h. eine Metamorphose herbeizuführen. Nachdem er im Atelier der Stylistin Milena Altini mit Leder und Metall gearbeitet hatte, zog er nach London, wo er am London College of Contemporary Arts Fashion & Textile studierte. Und eben dort, in der britischen Hauptstadt, ergänzte er seine Arbeit mit dem Experimentieren mit Häkeltechniken, wobei er Leder und Metall verwendete, Stickarbeiten mit Keramik erprobte und Harze auf Gewebe strich. Eine Besonderheit war dabei. Sein Debüt, seine Premiere feierte er im Alter von 20 Jahren, als der Modedesigner aus Faenza seine erste selbst kreierte und produzierte Kollektion in einer Modenschau mit dem Titel „Fenice la Rinascita“ vorstellte. Gegen Ende des Sommers 2017 verwirklichte Bacchilega eine ganz besondere Kreation, ein Ergebnis langer und harter Arbeit Forschungsarbeit, nämlich ein außergewöhnliches „Rüstungskleid“, das er vollständig aus mit reinem Gold überzogener Keramik gefertigt hatte. „Meine Idee, ein Rüstungskleid aus Keramik zu kreieren, beruht vor allem darauf, dass ich die weibliche Figur schon immer bewundert habe.
Deshalb habe ich mir überlegt, wer die unglaubliche Erfahrung machen sollte, dieses Kleid als Superfrau zu tragen, als emanzipierte, starke, beeindruckende Trägerin dieser einzigartigen Energie, die nur eine Frau haben kann“, erklärt der Stylist aus Faenza. Er macht deutlich, dass die Skulptur eine dekorative, aber auch eine schützende Funktion hat: Das Kleid dient nicht nur der Verschönerung des Körpers, sondern auch als „Behälter“ der Schönheit, der die Superfrau mit Gold einfärbt − der Farbe, die dem Göttlichen und dem Übernatürlichen am nächsten kommt. Dies erinnert eindeutig an Nietzsches Konzept des Übermenschen, das hier auf das Weibliche fokussiert wurde. Es ist daher leicht zu verstehen, wie in all seinen Kollektionen und Kreationen die Frau an sich die inspirierende Muse darstellt. Wenn man Nicola Bacchilega nach seinen beruflichen Plänen für die Zukunft fragt, erklärt er, dass er den Wunsch habe, die Erfahrung künstlerisch-stilistischer Forschung zu erweitern, die seine Arbeit immer geprägt hat, wenn irgend möglich unter Verwendung von verschiedensten plastischen Materialien − immer umweltfreundlicheren Materialien, wie der Stylist unterstreicht: „Wir müssen über die Qualität der Kleidungsstücke nachdenken, aber viele ignorieren das. Die Verursacher der ernsthaften und irreparablen Schäden an der Umwelt sind meistens Unternehmen, die mit dem Millionengeschäft der Fast-Fashion zusammenhängen, und gar nicht so sehr die großen Haute-Couture-Modehäuser.“
Fast-Fashion-Unternehmen stellen Kleidungstücke in großer Geschwindigkeit her und zwingen dabei oft ihre Arbeitskräfte, die zumeist in Ländern der Dritten Welt leben, zu unmenschlichen Bedingungen zu arbeiten. Sie verseuchen die Umwelt und schädigen mit giftigen Substanzen, die beim Färben und Verarbeiten der Kleidungsstücke verwendet werden, die Gesundheit der Arbeiter auf irreparable Weise. Nicola Bacchilega hingegen will Farben verwenden, die streng natürlich sind, etwa aus Tee, Kaffee, Frucht- oder Gemüseextrakten. Nicola Bacchilega arbeitet derzeit im Atelier Versace in der Via Borgospesso in Mailand im berühmten „Quadrilatero della Moda“. Schon kurz nach seinem Beginn bei Versace hat er die Rolle des Assistenten im Atelier des verstorbenen Luigi Massi übernommen, des Stylisten aus Ascoli, einem „Veteran“ des Ateliers, der im Laufe der Jahre viele der Berühmtheiten aus aller Welt eingekleidet hat.