Blau und Rosa – Misere und Hoffnung

Picassos Suche nach Authentizität

Im Alter von gera­de ein­mal 20 Jah­ren begibt sich das auf­stre­ben­de Künst­ler­ge­nie Pablo Picas­so (1881–1973) auf die Suche nach neu­en Bild­the­men und Aus­drucks­for­men, die er auch gleich zur Voll­endung führt. In rascher Fol­ge wech­seln die Sti­le und Bild­wel­ten – eine künst­le­ri­sche „Revo­lu­ti­on” löst die ande­re ab.

ICH WOLLTE MALER SEIN UND BIN PICASSO GEWORDEN. 

In immer wie­der neu­en Anläu­fen umkreist der zwi­schen Paris und Bar­ce­lo­na pen­deln­de Künst­ler die mensch­li­che Figur. In der von der Far­be Blau domi­nier­ten Pha­se ab 1901 blickt er auf die Mise­re und die see­li­schen Abgrün­de der Men­schen am Ran­de der Gesell­schaft, um dann um 1905, nun in Paris eta­bliert, in der soge­nann­ten Rosa Peri­ode den Hoff­nun­gen und Sehn­süch­ten der Zir­kus­leu­te – Gauk­ler, Akro­ba­ten und Har­le­ki­ne – Bild­wür­dig­keit zu ver­lei­hen. Auf der Suche nach einer neu­en künst­le­ri­schen Authen­ti­zi­tät ver­bringt Picas­so gegen Mit­te des Jah­res 1906 meh­re­re Wochen im spa­ni­schen Pyre­nä­en­dorf Gósol, wo zahl­rei­che Gemäl­de und Skulp­tu­ren ent­ste­hen, die klas­si­sche und archai­sche Kör­pe­ridea­le ver­ei­nen. In der fort­schrei­ten­den Defor­mie­rung und Zer­glie­de­rung der Figur, wie sie in den danach wie­der in Paris geschaf­fe­nen, „pri­mi­ti­vis­ti­schen” Dar­stel­lun­gen vor allem des weib­li­chen Akts anschau­lich wer­den, kün­digt sich schließ­lich die kubis­ti­sche Bild­spra­che an, die ab 1907 zur Ent­fal­tung gelangt.

In den berüh­ren­den und zau­ber­haf­ten Wer­ken der Blau­en und Rosa Peri­ode, die in Spa­ni­en und Frank­reich ent­ste­hen, gestal­tet Picas­so als jun­ger, auf­stre­ben­der Künst­ler Wer­ke von all­ge­mein­gül­ti­ger Aus­sa­ge­kraft. Exis­ten­zi­el­le und uni­ver­sel­le The­men wie Leben, Lie­be, Sexua­li­tät, Schick­sal und Tod fin­den ihre Ver­kör­pe­run­gen in zart­schö­nen, jun­gen Frau­en und Män­nern eben­so wie in Kin­dern und vom Leben gezeich­ne­ten Grei­sen, die Emp­fin­dun­gen wie Glück und Freu­de, aber auch Ein­sam­keit und Melan­cho­lie in sich tra­gen. Das Aus­stel­lungs­pro­jekt ist mit sei­ner mehr­jäh­ri­gen Vor­be­rei­tungs­zeit das bis­her auf­wen­digs­te und kost­spie­ligs­te in der Geschich­te der Fon­da­ti­on Beyeler.

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