3 Sterne mit einer klaren Botschaft für die nächsten Generationen.
Norbert Niederkofler‘s Konzept „Cook the mountain“ ist das Ergebnis aus jahrzehntelanger Neugierde, dem Sinn für Bodenständigkeit und dem Respekt vor der Tradition. „Heute stellen wir fest, dass fast alles machbar ist – mit Produkten aus den Bergen“, erklärt der sehr eigenwillige Pionier der Haute Cuisine aus den Zutaten der Alpen. In der Tat wird in seiner Küche Säure durch Fermentation, Geliermittel aus Wurzeln und Schärfe aus Blättern hergestellt, außerdem werden über das Jahr hinweg über 25 unterschiedliche Sorten Karotten verwendet und unzählige Kräuter und Gewürze wie Amaranth Blätter, Sauerampfer, wilde Zwiebeln. Wie das geht? Er und sein Team haben den Mut Neues auszuprobieren und immer wieder Grenzen auszuloten. Von der Natur in den Alpen inspiriert, macht Norbert Niederkofler aus der Not eine Tugend und folgt den Weisheiten seiner Ahnen: “Wir gehen genau den umgekehrten Weg, den ein normales Restaurant geht. Wir kreieren die Gerichte aus dem, was wir bekommen – und zwar immer der Jahreszeit entsprechend.“
Norbert Niederkofler ist der kulinarische Künstler, der unsere neue Rubrik „culinary art“ 2019 begleitet. Hier entscheiden die Geschmacksnerven über den Wert des Kunstwerks. Die Lebensmittel, die Kochtechnik und das Porzellan werden zum Medium des Künstlers und das Ergebnis der kreativen Schaffenskraft ist äußerst vergänglich dafür hochgradig individuell, sinnlich und geheimnisvoll. Für diese Rubrik braucht es also einen Grenzgänger, einen der den Mut hat sich dieser geistigen Auseinandersetzung zu stellen, einer leder sich von der Oberflächlichkeit verabschiedet und in die Tiefe gehen kann, einer der seinen Kreationen eine Stimme gibt und damit eine klare Botschaft aussendet. Norbert Niederkofler ist genau so einer.
Das Konzept, so wie es Niederkofler heute umsetzt, hat einen langen auch steinigen Weg hinter sich. Vor allem das Unverständnis von Kollegen und Journalisten hatte oft einen bitteren Beigeschmack: „Sich immer treu zu bleiben ist in solchen Momenten nicht immer einfach“, resümiert Niederkofler heute. Er hatte das notwendige Selbstbewusstsein diese Hürden in Erfolgstreppchen zu verwandeln und weiß, dass heute alle von „Cook the mountain“ überzeugt sind. Die anfänglichen Schwierigkeiten, vor allem im grundlegenden Bereich der Ressourcen, haben ihn mit seinen Produzenten letzten Endes noch enger zusammenschweißt. Diese verstehen mittlerweile die Herausforderungen in der Küche und die Küche hat Kenntnis über jene in der Natur erlangt. So konnten viele Lösungen gemeinsam erarbeitet werden. Der kreative Prozess stößt in der Sterne prämierten Küche manchmal aufgrund der Standards, die für das Qualitätsmanagement unumgänglich sind, an seine Grenzen. Glücksgefühle und Verzweiflung liegen hier oft sehr nahe beieinander. Norbert Niederkofler weiß damit umzugehen und schöpft aus Erfahrungen neue Kraft und Inspiration.
Mit 3 Sternen ausgezeichnet zu werden, ist ein ähnlicher Meilenstein, wie den Rekordwert auf einer Kunstauktion zu erzielen. Mit dem beachtlichen Unterschied, dass Norbert Niederkofler den Meilenstein noch zu Lebzeiten erreicht, während bildenden Künstlern dies oft erst nach ihrem Tode gelingt. Das Ziel der 3 Sterne zu erreichen ist eines, es zu bestätigen und zu halten ist dann nochmals mit entsprechendem Ehrgeiz und hohem Engagement verbunden. Deshalb arbeitet Niederkofler stets an neuen Kreationen, an einem „Cook the Mountain“ Buch, entwickelt Standards und baut seine Datenbanken aus. Viel Energie steckt er derzeit vor allem in die Sensibilisierung der Breitenwirkung – seine Kreation ist nämlich nicht nur ein Genuss für den Kenner, sondern er will damit ein klares Statement setzen: „Die Botschaft von ehrlicher authentischer Nachhaltigkeit – und ich betone bewusst ehrlich – muss noch viel stärker verbreitet werden, um für die nächsten Generationen das traditionelle Wissen zu erhalten. Das ist maßgeblich, um das Kulturerbe der Alpen zu erhalten.“ Nobert Niederkofler ist genauso aufgewachsen und diese Ursprünglichkeit und Natürlichkeit in der Verarbeitung von Nahrungsmitteln und im Umgang mit dem Essen will er den nächsten Generationen weitergeben. Er ist davon überzeugt, dass der Mensch sich lediglich auf die Natur einstellen muss, dann gibt sie ihm was sein Körper braucht und zwar in Farbe und Konsistenz: „Wir vernachlässigen dieses Urvertrauen in die Natur, diese Ausgewogenheit, die sie uns bietet, viel zu oft und meinen immer alles neu erfinden zu müssen.“
Heute stellen wir fest, dass fast alles machbar ist – mit Produkten aus den Bergen.
Niederkofler beweist mit seiner Küche, dass die Verbundenheit zur Natur und zur Tradition den n o t w e n d i g e n nachhaltigen Erfolg bringt und versteht Innovation eben als die solche in ihrer Grunddefinition: „Creating value“ – einen Mehrwert schaffen. Es handelt sich nicht um einen kurzzeitigen Hype, sondern um ein wesentliches Thema an dem generationsübergreifend gearbeitet werden muss. Um dies zu unterstreichen, hat er vor einigen Jahren gemeinsam mit anderen Chefs das Netzwerk „Care’s – The ethical Chef Days“ ins Leben gerufen. Das Netzwerk bietet eine Plattform, die einen regen Austausch unter gleichgesinnten Kollegen ermöglicht und zwar nach dem Motto:“to care and to take care“. Die Mitglieder verstehen Kultur als tiefes Wissen und Bewusstsein und als das entscheidende Element, das Care’s zu mehr macht als einen Treffpunkt. Das jährliche internationale Symposium von Care’s ist Chance und Ansporn, um würdige, aufrichtige ethische Praktiken auch auf globaler, sozialer und wirtschaftlicher Ebene zu fördern.
Kurzportrait Norbert Niederkofler / Im Ahrntal geboren trieb ihn seine Neugierde schon früh dazu, alles sehen und verstehen zu wollen. Neben seinem Ziel, die Welt zu entdecken, hatte er auch schon in jungen Jahren ein weiteres vor Augen: Koch zu werden. Von London nach Zürich, von Mailand nach München bis hin nach New York führte ihn seine Leidenschaft für das Kochen. Koryphäen wie Jörg Müller, Eckart Witzigmann und Nadia Santini zählten dabei zu seinen Mentoren. Nachdem er die Welt bereist hatte, kehrte er in seine Heimat Südtirol zurück, wo er erst im Castel Colz arbeitete. Als Norbert Niederkofler vor über zwanzig Jahren Chef des St. Hubertus in St. Kassian in Abtei wurde, war dieses für seine internationalen Gäste bekannt, die auf der Suche nach hochwertigster Haute Cuisine sind. In jedem seiner Gerichte drückt er die Region, die traditionelle Landwirtschaft, die naturreine Qualität der Produkte aus und präsentiert diese mit Sorgfalt und Leichtigkeit. Sein Ziel ist es, ein komplexes Sinneserlebnis basierend auf der Natur zu kreieren – ganz nach Motto „Cook the mountain“. So entstand auch die Namensgebung für sein neues Lokal, das AlpiNN. Das Restaurant selbst wird seiner Philosophie gerecht und liegt gemeinsam mit einer Event- und Kongresshalle im LUMEN, dem neuen Museum der Bergfotografie am Gipfel vom Kronplatz.