Interview mit Thina Adams und Werner Schönhuber
Wir treffen vor der offiziellen Eröffnung des neuen Museums für Bergfotografie LUMEN am Kronplatz (2.275m Höhe) im Juli die Kunsthistorikerin Thina Adams und den Präsidenten der Kronplatz Seilbahn AG Werner Schönhuber. Thina Adams leitet das neue Museum und ermöglicht uns im Rahmen des Gesprächs eine interaktive Tour durch die faszinierende Welt der Berge. LUMEN ist ein fotografisches Zuhause für die Geschichte der Bergfotografie, verbunden mit Alpinismus, Tourismus, Politik, Spiritualität und Historie − das Thema Berg wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und das Konzept ist erlebnis- und erfahrungsorientiert aufgebaut.
Sie sind Kunsthistorikerin. Setzen Sie sich mit Fotografie schon länger auseinander?
THINA ADAMS: Ja, ich hatte bereits während meiner Studienzeit viele Seminare und Vorlesungen zum Thema Fotografie besucht.
Der Kronplatz ist eine „Museumsinsel“. Vor wenigen Jahren eröffnete nebenan eines der MessnerMountainMuseen. War das bereits bestehende Museum ausschlaggebend dafür, warum sich die Bergbahn-Gesellschaft zur Errichtung eines zweiten Museums entschieden hat?
THINA ADAMS: Ja, es war ausschlaggebend. Die Museen sollen als Alleinstellungsmerkmal im Sommer wie im Winter gegenüber den Mitbewerbern gesehen werden.
Reinhold Messner spielt auch hier eine wesentliche Rolle – wie steht er zum LUMEN?
WERNER SCHÖNHUBER: Reinhold Messner spielt weniger inhaltlich eine Rolle, sondern es geht mehr um die Zusammenarbeit mit dem MMM Corones. Der Kronplatz soll v.a. im Sommer als Museumsberg gesehen werden. Um diese Positionierung in den nächsten Jahren zu schaffen, sind gemeinsame Strategien geplant. Zudem möchte man den Veranstaltungssaal u.a. auch für Incentives zur Verfügung stellen, wo auch Reinhold Messner mitwirken wird.
Geschichte und Gegenwartsperspektiven der Bergfotografie: Der Kronplatz soll zum Museums- bzw. Kulturberg werden.
Kuratorisch gesehen, fokussiert das Museum zum einen auf die Geschichte der Bergfotografie, ist aber auch durchaus dafür ausgelegt, die Gegenwartsperspektive einzunehmen. Welche Ideen wurden hier umgesetzt?
TINA ADAMS: Die Geschichte der Bergfotografie ist nur ein Bereich des Museums (im 3. Obergeschoß). In den restlichen Stockwerken wird das Thema Berg von verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Dabei werden auch Gegenwartsperspektiven behandelt, wie zum Beispiel das Thema „Berg und Zeit“, „der vermarktete Berg“, „Katastrophen“ am Berg, um nur einige zu nennen. Es gibt auch temporäre Ausstellungen, welche jährlich oder saisonal wechseln. Dabei werden zum Beispiel zum Thema Dolomiten zeitgenössische Fotografen eingeladen, um ihre Sichtweise zu präsentieren.
kuratieren die Ausstellungen Sie persönlich oder arbeiten Sie auch mit Gastkurator*innen?
THINA ADAMS: Es gibt einen künstlerischen Beirat, welcher die meisten Wechselausstellungen kuratiert. Natürlich wird es auch immer wieder einen Gastkurator geben.
Experience ist heute ein wesentlicher Faktor für ein erfolgreiches Museumskonzept. Die Museumsbesucher* innen möchten eingebunden werden. Partizipative Konzepte sind zukünftig nicht mehr wegzudenken. Was können Besucher*innen hier im LUMEN Besonderes erleben und erfahren?
THINA ADAMS: Der interaktive Charakter ist ein wichtiger Teil des Museums. Besucher*innen können das Thema der Seilschaften interaktiv erleben, indem sie die Seile bewegen können und gleichzeitig die Bilder betrachten. Außerdem muss der Besucher bei der Sektion „der richtige Blick“ die Namen der Berge anhand von Bildern erraten und ist somit aufgefordert mitzudenken. Auch riesige iPads mit Touchfunktionen binden den Besucher ein, indem er Bilder übereinander legen kann. Das Thema Bergfotografie kann auf vielfältige Art und Weise erlebt werden. Eine wahre “ Experience“!
Gerade das Thema Berg, im weiteren Sinne die Natur und wie der Mensch in sie eingreift, bietet ein großes Spektrum für eine kritische Auseinandersetzung. Fotografie, die nicht die Idylle einfängt, sondern die Zerstörung. Wird das Museum zukünftig auch solche Positionen aufgreifen?
THINA ADAMS: Es gibt bereits einige Bereiche, die auch die kritischen Themen anschneiden. Ich denke aber, dass es wichtig ist, solchen Positionen mehr Platz zu geben. Daher planen wir in den nächsten Jahren Wechselausstellungen mit zeitgenössischen Fotografen, welche sich mit dem Thema Berg und Mensch kritisch auseinander setzen.
Über die Wintermonate durchlebte das LUMEN die sogenannte „Soft-Opening“-Phase. Welche verwertbaren Erfahrungen und Feedbacks konnten Sie hier mit und von den Besucher*innen einholen?
THINA ADAMS: Ich würde sagen, dass das Feedback sehr positiv war. Die Besucher waren begeistert von der Vielfalt des Museums und vom Erlebnis der klassischen Ausstellungsflächen und der digitalen Innovationen. Ich denke, es ist jetzt unsere Aufgabe, diese Vielseitigkeit noch besser zu kommunizieren und zu vermarkten.
In so einem Museumskonzept ist es wahrscheinlich auch sehr wichtig, die Region einzubeziehen und regionale Positionen zu zeigen. Wie schaffen Sie hier kuratorisch Restaurant AlpiNN den Spagat zwischen regional und international?
THINA ADAMS: Ich denke, es ist wichtig, in den Wechselausstellungen sowohl regionale als auch internationale Positionen zu zeigen.
Die Eröffnungsphase eines Museumsbetriebs stellen wir uns sehr abenteuerlich vor. Noch dazu wenn es ein Museum in einer so exponierten Lage ist – im Winter nur mit der Bergbahn erreichbar. In Ihrer leitenden Funktion hatten Sie sicher viele Herausforderungen zu lösen. Welche war die härteste?
THINA ADAMS: Am Anfang ist wie üblich alles Neu und es braucht eine Zeit, bis Routine einkehrt. Am spannendsten war in der letzten Wintersaison mit Sicherheit die Erreichbarkeit des Museums. Der Aufzugsturm, welcher den Besucher von der Bergstation zum Museum bringt, wird für die Sommersaison 2019 erstellt. Im letzten Winter war somit bereits der Weg zum Museum ein Erlebnis für sich. Ich bin aber der Meinung, dass es ohne Herausforderungen langweilig wird.
Welche Meilensteine sollen hier im LUMEN in den nächsten 3−5 Jahren erreicht werden?
THINA ADAMS: Der Kronplatz soll v.a für die Sommersaison zum Museums- bzw. Kulturberg werden. Das Zusammenspiel von zwei Museen (MMM Corones und LUMEN) mit der Architektur von Zaha Hadid im MMM Corones und dem Design von Martino Gamper im Restaurant AlpiNN bietet eine perfekte Ausgangslage für dieses Ziel. Das LUMEN soll sich in diesem Sinne zum einzigartigen Standort der Bergfotografie entwickeln.
Kronplatz Gipfel
39031 Bruneck
T +39 0474431090