Das Steuerrecht sucht nach Antworten.
Das österreichische Umsatzsteuergesetz begünstigt die Umsätze von Künstlern sowie die Umsätze mit Kunstgegenständen. Die Umsatzsteuer ist eine Verkehrsteuer und erfasst alle Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt erbringt; der Normalsteuersatz beträgt 20% und bewirkt faktisch eine Erhöhung des zu zahlenden Kaufpreises für den Konsumenten. Zur Förderung der Bereiche „Kunst“ und „Kultur“ ermäßigt sich der Steuersatz für die Umsätze eines Künstlers sowie für die Umsätze aus dem Handel mit Kunstgegenständen auf 13%. Der vom Käufer zu zahlende Bruttokaufpreis wird mit dem Ziel der Nachfrageerhöhung zu Lasten des Steueraufkommens reduziert. Für die Begriffe „Kunst“ und „Künstler“ findet das Steuerrecht allerdings nur teilweise die passenden Definitionen.
Nach der einschlägigen Rechtsprechung der Höchstgerichte gilt ein Unternehmer aus der Sicht des Steuerrechts als Künstler, wenn er eine persönliche und igenschöpferische Tätigkeit in einem umfassenden Kunstfach aufgrund künstlerischer Begabung entfaltet und sich nicht darauf beschränkt, Erlernbares oder Erlerntes wiederzugeben. Es werden Leistungen vorausgesetzt, in denen sich seine individuelle Anschauung und Gestaltungskraft widerspiegeln und die eine künstlerische Gestaltungshöhe erreichen; dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn der Unternehmer Formen aus dem allgemeinen Formenschatz entnimmt, er auf bekannte Vorbilder zurückgreift oder wenn er im Bereich der Auftragskunst vom Auftraggeber derart stark eingeschränkt wird, dass er sich selbst nicht mehr entfalten kann. Anhand dieser allgemeinen Vorgaben aus der Rechtsprechung gilt es nunmehr zu entscheiden, ob wir es mit einem Künstler zu tun haben bzw. ob ein gehandelter Gegenstand von einem Künstler geschaffen wurde.
Die Begriffe Kunst und Künstler sind im Gesetz nur unzureichend geregelt.
Diese eher allgemein gehaltenen Definitionen der Begriffe „Kunst“ und „Künstler“ werden durch eine Vielzahl von höchstgerichtlichen Entscheidungen untermauert. Zur Veranschaulichung der aktuellen Unbestimmtheit der beiden Tatbestände werden nachstehende Erkenntnisse auszugsweise dargestellt:
Die Gebrauchseignung eines Gegenstandes schließt keineswegs aus, dass die in der Herstellung eines Gegenstandes bestehende Tätigkeit eine künstlerische Tätigkeit ist; der Gebrauchswert kann einem Gegenstand somit nicht automatisch die Eigenschaft als Kunstwerk nehmen.
Nur das geschaffene Werk kann Aufschluß darüber geben, ob ein Kunstwerk vorliegt oder nicht; bei der Beurteilung der Frage nach der Künstlereigenschaft können Umstände wie Ausbildungsort, der urheberrechtliche Schutz der Werke, die Mitgliedschaft bei der Berufsvereinigung bildender Künstler oder ein Gutachten des jeweils für Kunst und Kultur zuständigen Bundesministeriums für Zwecke der gesetzlichen Sozialversicherung und einiges mehr als Indizien berücksichtigt werden; Entscheidend ist jedoch, das sich die Finanzbehörde eingehend mit den vorgelegten Werken auseinandersetzt.
Der Umstand, dass es sich um ein Unikat handelt, ist nicht ausreichend, um ein Werk zu einem Kunstwerk zu machen.
Eine abgeschlossene künstlerische Hochschulbildung ist nur ein Indiz für die Künstlereigenschaft; auch diesfalls hat die Behörde die Künstlereigenschaft auf Grund der vom Unternehmer entfalteten Tätigkeit zu prüfen. Die Behörde hat sich dabei an einem repräsentativen Querschnitt der Werke eines Künstlers zu orientieren.
In der Praxis wird die Finanzbehörde in vielen Fällen nicht über die notwenige Kompetenz zur Beurteilung der von der Rechtsprechung vorgegebenen Fragestellungen verfügen. Somit ist die Qualifikation des Unternehmers als Künstler bzw. die Einstufung eines Werkes als Kunstgegenstandes und die daraus resultierende Erlangung von verkehrsteuerlichen Begünstigungen letztlich in der Beurteilungsgewalt von Sachverständigen. Ob diese Tatsache mit dem Grundsatz der Freiheit von Kunst und Wissenschaft zu vereinbaren ist, sei erneut in Frage gestellt.