Wenn analog viral geht, dann ist Kunst im Spiel

Friedensreich Hundertwasser und Otto Wagner haben das Stadtbild Wiens geprägt. Heute ist es die Graffiti-Szene, die Wien zu einem Hotspot für die junge Generation macht.

Für Paul Hoff­man als Graf­fi­ti-Künst­ler ist der Donau­ka­nal in Wien in den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten sein zwei­tes Wohn­zim­mer gewor­den. In sei­nen Anfän­gen war die Sze­ne noch klei­ner, über­schau­ba­rer und exklu­si­ver. Heu­te ist dafür die Akzep­tanz bei Betrachter*innen für die­se ganz beson­de­re Kunst­form im öffent­li­chen Raum grö­ßer. Es gibt sogar eige­ne Tour-Gui­des, um Kunst­wer­ke aus der Graf­fi­ti-Sze­ne in Wien zu erkun­den. In vie­len Hin­ter­hö­fen in den unter­schied­lichs­ten Bezir­ken kann man beein­dru­cken­de Ent­de­ckun­gen machen.

Mitt­ler­wei­le hat Paul Hoff­man sei­ne Kunst zum Beruf gemacht und zwar ist er Art Direc­tor bei „CONCRETE“. Dort wird soge­nann­tes Street-Adver­ti­sing für Unter­neh­men und Mar­ken umge­setzt. Es ist eine Ver­bin­dung von Design und Kunst, inno­va­tiv, jung und mit einer nost­al­gi­schen Note. Paul Hoff­man gestal­tet und sprüht gemein­sam mit sei­nem Team rie­si­ge Kom­mu­ni­ka­ti­ons­flä­chen. Das erin­nert an die Pla­kat­ma­le­rei. Sie war und ist kein Aus­bil­dungs­be­ruf im klas­si­schen Sin­ne, hat aber in den Frie­dens­reich Hun­dert­was­ser und Otto Wag­ner haben das Stadt­bild Wiens geprägt. Heu­te ist es die Graf­fi­ti-Sze­ne, die Wien zu einem Hot­spot für die jun­ge Gene­ra­ti­on macht. zwan­zi­ger Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts ihre Hoch­zeit erfah­ren. Pla­ka­te bewar­ben jedes nur erdenk­li­che Pro­dukt. Vie­le Künstler*innen ver­dien­ten damals mit der Pla­kat­ma­le­rei ihren Lebens­un­ter­halt. Es ist der mensch­li­che, ana­lo­ge Zugang zum The­ma Kom­mu­ni­ka­ti­on, den Paul Hoff­man nun mit sei­nen Ideen wie­der zum Leben erweckt und das kommt an: „Es ist ein ana­lo­ger Vor­gang, aber der Pro­zess der Ent­ste­hung des Kunst­werks kann wun­der­bar digi­tal doku­men­tiert wer­den und wird auf den Social Media Kanä­len vor allem von der jun­gen Gene­ra­ti­on mit gro­ßem Inter­es­se ver­folgt.“ Ana­lo­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on geht also viral.

Paul Hoff­man beim Spray­en sei­ner Krea­ti­on für Orga­nics by Red Bull, © Akos Vincze

Frie­dens­reich Hun­dert­was­ser ist ein Vor­bild für Hoff­man: „Er trat zeit­le­bens als Geg­ner der ‚gera­den Linie‘ und jeg­li­cher Stan­dar­di­sie­rung auf. Sei­ne Fas­sa­den sind fan­ta­sie­voll, leben­dig und inno­va­tiv.“ Der öffent­li­che Raum bie­tet die bes­te Büh­ne für Kunst. Man greift in den Ort ein, ver­än­dert ihn und jede*r muss sich bewusst oder unbe­wusst mit dem Werk aus­ein­an­der­set­zen. Dabei spielt es kei­ne Rol­le, wie lan­ge das Werk in die­ser Form exis­tie­ren wird. In der Graf­fi­ti-Sze­ne geht es den Künstler*innen dar­um die Welt zu berei­sen, ihren Namen zu ver­brei­ten und an jedem Ort eine Bot­schaft zu hin­ter­las­sen. Die­se kann mar­kant und sicht­bar oder auch dezent und ver­steckt sein – das ist Geschmackssache.

Paul Hoff­man gestal­tet mitt­ler­wei­le rie­si­ge Flä­chen, prägt das Stadt­bild Wiens und anders­wo, aber den­noch hegt er einen noch viel grö­ße­ren Traum: „Wien hat wun­der­ba­re Archi­tek­tur mit Stuck und Bal­ko­nen. Ich wür­de unheim­lich ger­ne ein­mal so ein gro­ßes Stuck­haus gestal­ten. Das fän­de ich total span­nend. Als Stadt will Wien ja her­aus­ste­chen und da könn­te man ruhig auch mutig sein. Auch eine U‑Bahnstation von Otto Wag­ner könn­te ich mir vor­stel­len, ein­mal zu über­ar­bei­ten und in einen aktu­el­len Kon­text zu set­zen.“ Das klingt viel­leicht heu­te noch uto­pisch, aber wer hät­te sich noch vor 30 Jah­ren gedacht, dass Graf­fi­ti so ein Hype wird und ana­lo­ge Pla­kat­wän­de dann schon wie­der die digi­ta­len ablösen?

www.concrete.at

CONCRETE für Orga­nics by Red Bull, Graf­fi­ti, © Akos Vincze
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