Elena Gual

Kunst ist in jeder Hinsicht Freiheit

Ele­na, 1994 auf der wun­der­schö­nen Insel Mal­lor­ca gebo­ren, ist eine der auf­stre­bends­ten jun­gen Künst­le­rin­nen der natio­na­len Kunst­sze­ne. Sie wur­de an der Flo­rence Aca­de­my of Art als klas­si­sche Male­rin aus­ge­bil­det, gefolgt von renom­mier­ten Kur­sen am Cen­tral Saint Mar­tins und der Roy­al Aca­de­my in Lon­don. Die Künst­le­rin lebt haupt­säch­lich auf Mal­lor­ca, wo sie auch ihr Haupt­ate­lier hat. Ihre Hei­mat ver­bin­det sie wie­der mit ihren Wur­zeln und lässt sie Inspi­ra­ti­on für das idea­le Licht und die Far­ben ihrer Bil­der fin­den, die stark vom medi­ter­ra­nen Ambi­en­te beein­flusst sind.

Ich habe schon in jun­gen Jah­ren mit dem Malen begon­nen. Ich bin als Ein­zel­kind auf­ge­wach­sen, also ver­brach­te ich die meis­te Zeit mit außer­schu­li­schen Akti­vi­tä­ten, eine davon war bil­den­de Kunst. Ich wür­de sagen, ich male, seit ich etwa sechs Jah­re alt bin. Aber wäh­rend mei­nes Gap Year im Van Gogh Muse­um in Ams­ter­dam, als ich vor einem sei­ner Gemäl­de stand, wur­de mir klar, dass ich kei­ne Archi­tek­tin, son­dern Male­rin wer­den wollte.

Ele­na Gual in ihrem Ate­lier in Mal­lor­ca – Foto: Leo­nar­do Condor

Die Künst­le­rin bringt zum Aus­druck, dass ihre Vor­bil­der aus ihrer Kind­heit auch heu­te noch ihre Favo­ri­ten sind, wie Van Gogh und Monet. Ele­na Guals aka­de­mi­sche Stu­di­en ermög­li­chen ihr, viel­sei­tig zu sein und vie­le Tech­ni­ken wie Koh­le­zeich­nung und Ölma­le­rei zu ent­wi­ckeln, am pro­duk­tivs­ten ist sie aber mit der Spach­tel­tech­nik, die es ihr ermög­licht, ihren eige­nen Stil zu eta­blie­ren. Sie begann mit die­ser Tech­nik auf­grund einer star­ken all­er­gi­schen Reak­ti­on auf Ter­pen­tin, ein not­wen­di­ges Pro­dukt in Rei­ni­gungs­mit­teln für Pin­sel. Bis zum zwei­ten Jahr der Kunst­schu­le nahm die Künst­le­rin kei­nen Pin­sel in die Hand. Sie ver­brach­te bis zu drei Mona­te damit, eine ein­zi­ge Koh­le­zeich­nung fer­tig­zu­stel­len und zu ver­su­chen, ein Modell, das live posier­te, oder eine Skulp­tur auf Papier zu brin­gen, wobei sie nur zwei Farb­tö­ne ver­wen­de­te, Schwarz und Weiß. Damals war ihr noch nicht klar, wie wich­tig das für ihre künst­le­ri­sche Kar­rie­re sein wird.

Gual sagt: »Ich habe dar­an gear­bei­tet, mei­nen eige­nen Stil zu ent­wi­ckeln, und danach gestrebt, die Grund­prin­zi­pi­en aka­de­mi­scher Arbeit und klas­si­scher Maler ein­zu­fan­gen. Ich ver­su­che, ihr Ver­ständ­nis von Ana­to­mie, Kom­po­si­ti­on und Licht mit mei­nem eige­nen Ansatz zu über­set­zen. Als auto­di­dak­ti­sche Foto­gra­fin erfor­sche ich die Ver­bin­dung zwi­schen Foto­gra­fie und Male­rei. Ich mache Bil­der aus mei­nen eige­nen Fotos, aber es gibt auch Fäl­le, in denen ich glau­be, dass ein Foto nicht ver­bes­sert wer­den kann und in sei­ner ursprüng­li­chen Form belas­sen wer­den sollte.«

Einer ihrer Ein­flüs­se und gro­ßes Vor­bild ist ihre eige­ne Mut­ter, die sie – so Ele­na – öfter por­trä­tie­ren soll­te. »Ich glau­be, ich habe ihre Stär­ke und ihren Opti­mis­mus in schwie­ri­gen Situa­tio­nen geerbt. Sie ist, ohne ihre sozia­le Sei­te auf­zu­ge­ben, eine der unab­hän­gigs­ten Frau­en, die ich ken­ne. Ich bewun­de­re sie von gan­zem Her­zen.« Die 28-Jäh­ri­ge hat in jun­gen Jah­ren die Welt bereist und vie­le Frau­en ken­nen­ge­lernt, die sie in ihren Wer­ken ver­mit­telt und die sie zutiefst inspi­rie­ren. Gual ist bestrebt, die ein­zig­ar­ti­ge und natür­li­che Schön­heit des weib­li­chen Kör­pers und der weib­li­chen Kul­tur her­vor­zu­he­ben. Sie kre­iert leben­di­ge Por­träts ver­schie­de­ner Frau­en und ist fest davon über­zeugt, dass alle Kör­per schön sind, unab­hän­gig von Grö­ße, Haut­far­be oder Alter. Rei­sen inspi­rie­ren Ele­na am meis­ten. »Seit ich sechs Jah­re alt war, unter­nahm ich jedes Jahr mit mei­nem Vater eine Rei­se in ver­schie­de­ne Tei­le Afri­kas, Asi­ens und Süd­ame­ri­kas. Ich ver­lieb­te mich in die­se Kon­ti­nen­te, ihre Natur und ihre Far­ben, aber was mei­ne Auf­merk­sam­keit immer auf sich zog, war die Schön­heit und Stär­ke, die die Frau­en ausstrahlten.«

Vor Beginn ihres Stu­di­ums mach­te sie ein Sab­bat­jahr, in dem sie vier Mona­te in einem Wai­sen­haus Eng­lisch und Kunst unter­rich­te­te. Dort erleb­te sie die Ungleich­heit der Frau­en, die sie durch die Foto­gra­fie ein­zu­fan­gen und zu ver­mit­teln ver­such­te und die sie heu­te in ihren Bil­dern zum Aus­druck bringt. Nach­dem sie um die Welt gereist war, Erin­ne­run­gen und Inspi­ra­ti­on gesam­melt hat­te, um die Wer­ke der Frau­en zu pro­du­zie­ren, die sie auf ihrem Weg getrof­fen hat­te, fer­tig­te sie eine Rei­he von Por­träts an, die sie ger­ne in ihrer ers­ten Ein­zel­aus­stel­lung aus­stell­te. Die­se fand im Sep­tem­ber 2021 in Lon­don statt; »Aura« war eine Aus­wahl ihrer Frau­en­por­träts. Drew Aaron, der Grün­der der Gale­rie RED, ent­deck­te Ele­na Gual vor ein paar Jah­ren und wuss­te von die­sem Moment an, dass sie ein außer­ge­wöhn­li­ches Talent hat­te, das über das jeder ande­ren auf­stre­ben­den Künst­le­rin hin­aus­ging. Er ver­folg­te Guals Kar­rie­re zwei Jah­re lang und ver­tritt sie seit 2021 exklu­siv. Nach der Aus­stel­lung ihrer Kunst­wer­ke in Pal­ma de Mal­lor­ca und der groß­ar­ti­gen Reso­nanz der Ein­woh­ner und der inter­na­tio­na­len Besu­cher, die es auf der Insel gibt, war der nächs­te Schritt, sie auf das nächs­te Level zu brin­gen, und dafür gibt esk­ei­nen bes­se­ren Ort als New York City. Aaron, der tief ver­wur­zel­te Bezie­hun­gen in New York hat, woll­te Gual in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten aus­stel­len. »Ich hat­te die­se Vor­stel­lung davon, was ich letz­ten Dezem­ber malen woll­te, weil es vie­le Her­aus­for­de­run­gen mit den Schwes­tern mei­ner Freun­de gab, die mager­süch­tig waren, und vie­le Pro­ble­me, die ich auf Insta­gram mit Kör­per­bil­dern gese­hen habe«, sag­te Gual. »Ich dach­te, oh mein Gott, ich möch­te wirk­lich im Namen die­ser Men­schen spre­chen und ein­fach ein Kör­per­bild schaf­fen, das uns alle gleichstellt.«

Eines ihrer jüngs­ten Wer­ke: God is a woman. Das lan­ge dunk­le Haar hin­ter den Schul­tern, die Arme seit­lich aus­ge­streckt, eine gebräun­te, nack­te Frau geht auf den Betrach­ter zu, ihr rech­ter Fuß im thea­tra­li­schen Schritt vor­aus. Rechts von ihr knien zwei nack­te Frau­en ähn­li­cher Haut­far­be; die ihr am nächs­ten, stre­cken ihren Ober­kör­per und stüt­zen die ande­re Frau, wäh­rend sie ihre Stirn läs­sig auf ihre Schul­ter legen. Links von der zen­tra­len Figur kniet eine schwar­ze Frau und starrt mit ihrem ele­gan­ten Pro­fil und ihren lan­gen Haa­ren auf die lin­ke Sei­te des Betrach­ters. Eine wol­lüs­ti­ge, hell­häu­ti­ge Frau lehnt sich auf ihre rech­te Sei­te und stützt ihren Ober­kör­per mit Ell­bo­gen und Unter­arm vor der schwar­zen Frau. Die Posen bil­den zusam­men eine Pyra­mi­de, die die Band­brei­te ihrer Haut­tö­ne, Kör­per­hal­tun­gen und Kör­per­ty­pen vor einem erd­ro­ten Hin­ter­grund her­vor­hebt. Die­se Art der drei­ecki­gen Kom­po­si­ti­on wur­de oft von Meis­tern der Kunst­ge­schich­te ver­wen­det, um den wich­tigs­ten Cha­rak­ter der Arbeit her­vor­zu­he­ben und sich auf die Drei­fal­tig­keit zu bezie­hen. Gual setzt die­se Art der Kom­po­si­ti­on als Hom­mage an die­se Meis­ter ein und ver­deut­licht dies mit dem Titel God is a Woman.

Ele­na Gual, God is a Woman, 150 x 200 cm, Öl auf Leinwand
Ele­na Gual, Cor­pus II, 100 x 200 cm, Öl auf Leinwand
Ele­na Gual, Cor­pus I, 100 x 200 cm, Öl auf Leinwand

Ele­na Guals ers­te Ein­zel­aus­stel­lung in New York, orga­ni­siert von der in Spa­ni­en ansäs­si­gen Gale­rie RED, ver­sam­mel­te ein viel­sei­ti­ges Publi­kum, dar­un­ter Pro­mi­nen­te, Künst­ler, Mode­de­si­gner, Finan­ziers, Per­sön­lich­kei­ten des öffent­li­chen Lebens und Samm­ler, die zur Eröff­nung erschie­nen. Das sorg­te in den USA für Auf­se­hen und kul­ti­vier­te das erfor­der­li­che Momen­tum im Aus­land, was zu ihrem aus­ver­kauf­ten Lon­do­ner Debüt im letz­ten Jahr bei­trug. »Ich den­ke, es klingt kli­schee­haft, aber wir sind alle eins, irgend­wie gleich. Was ich dar­stel­len woll­te, ist, dass die fünf Frau­en, obwohl sie so unter­schied­lich aus­se­hen, sich immer noch anein­an­der leh­nen und anein­an­der fest­hal­ten«, erzähl­te Gual. »Die­je­ni­ge in der Mit­te pro­ji­ziert die Stim­men der ande­ren, und das woll­te ich darstellen.«

Die Gemäl­de Ritu­al I und Ritu­al II hän­gen neben­ein­an­der und zei­gen die glei­che Frau nackt ste­hend, eine dem Betrach­ter zuge­wandt, wäh­rend sie ihre Hän­de hin­ter ihrem Rücken ver­schränkt und ihren lin­ken Fuß über den rech­ten gekreuzt nach vor­ne streckt, die ande­re ihren Rücken frei­le­gend, wäh­rend sie ihre rech­te Schul­ter mit ihrer lin­ken Hand ergreift und ihre Hüf­ten nach links neigt, ihre rech­te Fer­se frei­ge­löst vom Boden. Der üppi­ge blaue Hin­ter­grund erin­nert an das Mit­tel­meer. Gual wähl­te ein erfah­re­nes Künst­ler­mo­dell, um für die­se befä­hi­gen­den Por­träts zu posie­ren, die Selbst­ver­trau­en und Kraft ausstrahlen.

Seit der welt­wei­ten Situa­ti­on, die wir alle wäh­rend COVID erlebt haben, hat die Künst­le­rin viel über ihre zukünf­ti­gen Pro­jek­te nach­ge­dacht. »Ich tei­le mein Wis­sen über Male­rei mit Men­schen, die Kunst mögen, aber nicht die Gele­gen­heit hat­ten, sie zu stu­die­ren. Ich genie­ße es wirk­lich, Live-Kur­se zu geben und schät­ze die­se Com­mu­ni­ty, die ich dank Insta­gram auf­ge­baut habe. Außer­dem habe ich erkannt, was für eine star­ke Ver­bin­dung wir welt­weit haben, Men­schen aus ver­schie­de­nen Län­dern mit ähn­li­chen Vor­lie­ben, ver­bun­den durch Kunst und Male­rei.« Durch die Zeit und die Mög­lich­keit, sich selbst bes­ser ken­nen­zu­ler­nen, hat Ele­na gelernt, ohne Angst zu expe­ri­men­tie­ren und Neu­es zu wagen. Sie hat immer gedacht, es aus Zeit­man­gel nicht getan zu haben, stell­te aber fest, dass sie es aus Angst vor dem Schei­tern nicht getan hat. »Jeder Tag ist anders und das ist etwas, das ich schät­ze, das geschätzt wer­den muss.« Jeden Tag lernt Ele­na etwas Neu­es, das sie in ihre Arbeit inte­grie­ren kann, von einer neu­en Tech­nik bis hin zu einem neu­en Gefühl. Sie liebt es, sich auf das Wesent­li­che des Lebens zu kon­zen­trie­ren. Künst­ler brin­gen zum Aus­druck, dass Kunst ein Spie­gel unse­rer Evo­lu­ti­on, der Reli­gi­on und der Gesell­schaft war und ist. Es ist auch eine Art der Aus­drucks­form, die aus dem Her­zen hin zum Ver­stand gelangt. »Ich glau­be nicht, dass ich Male­rin wäre, ohne all die Thea­ter­stü­cke, Fil­me und Muse­en gese­hen zu haben, ohne Lie­der gehört zu haben, die mich zum Nach­den­ken anreg­ten, oder Bücher, die mei­ne Fan­ta­sie an Orte gebracht haben, die ich mir nie vor­ge­stellt hat­te. Kunst ist Inspi­ra­ti­on für alle, in jeder Hin­sicht ist sie Frei­heit.« Der Grün­der der Gal­lery RED, Drew Aaron, glaubt, dass Gual einer der nächs­ten gro­ßen Namen in der Kunst­ge­schich­te sein wird, da sie über her­vor­ra­gen­de tech­ni­sche Fähig­kei­ten, Talent, einen ein­zig­ar­ti­gen Geschmack und Stil ver­fügt, die sie in sich zu einer groß­ar­ti­gen Kombinationverbindet.

Ele­na Gual, Ritu­al II, 209.5 x 89.5 cm, Öl auf Leinwand
Ele­na Gual, Ritu­al I, 209.5 x 89.5 cm, Öl auf Leinwand

Der Arti­kel ist in der Print-Aus­ga­be 4.22 AFFINITY erschienen.

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