Rainer Partl
Für junge Künstler ist es schwer, sich am Kunstmarkt zu etablieren. Bis zum Verkauf des ersten Werkes zu einem ernstzunehmenden Preis vergeht oftmals ein langer Zeitraum. Die steuerlichen Bestimmungen zur Einkommensermittlung machen es den Künstlern schwer, den Schritt in die Kunstszene zu wagen und die tätigkeit Hauptberuflich auszuüben, was meist wiederum die Voraussetzung für eine erfolgreiche künstlerische Tätigkeit ist.
Aus den Bestimmungen zur Einkommensermittlung ist abzuleiten, dass als steuerlich relevante Einkunftsquelle nur jene Tätigkeiten in Betracht kommen, die auf Dauer gesehen ein positives Gesamtergebnis erwarten lassen. Nur diese Tätigkeiten sind im Rahmen der Einkommenssteuerbemessung zu berücksichtigen. Wirft dagegen eine Tätigkeit auf Dauer Verluste ab, ist zu prüfen, ob der Steuerpflichtige die Verluste aus privaten Motiven in Kauf nimmt. In diesem Fall wird die Tätigkeit nicht als Einkunftsquelle anerkannt; die entstehenden Verluste dürfen steuerlich nicht verwertet werden. Es liegt eine sogenannte Liebhabereitätigkeit vor.
Die gesetzlichen Bestimmungen zum Einkommensbegriff werden durch die Liebhaberei-Verordnung ergänzt, in welcher bestimmte Arten von Tätigkeiten mit einer Liebhabereivermutung belegt werden und von vornherein aus dem Begriff der Einkünfte bzw. des steuerlich relevanten Einkommens herausgenommen werden. Diese klassischen Liebhabereitätigkeiten sind reduziert auf den werdenden Künstler all jene Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere, in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind. Genau dieser Tatbestand wird durch den Sachverhalt der künstlerischen Betätigung vollständig erfüllt; jede künstlerische Tätigkeit ist auf eine in der Person des Künstlers liegende Fähigkeit und Neigung zurückzuführen. Andernfalls wäre es nicht möglich, im Ergebnis ernstzunehmende Kunstwerke zu schaffen. Liebhaberei ist weiters bei Verlusten zu vermuten, die sich aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern ergeben, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für die Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen. Dieser zweite Tatbestand zielt weniger auf den schaffenden Künstler, sondern vielmehr auf den kunstinteressierten Erwerber ab und schränkt die steuerliche Verwertbarkeit der Investition eklatant ein.
In Summe sind diese Bestimmungen alles andere als förderlich für den Kunstmarkt. Versetzen wir uns in die Situation des werdenden Künstlers. Die Ausbildung ist abgeschlossen; für die weitere Entwicklung ist großer Arbeits- und Zeiteinsatz unerlässlich. Die öffentlichen Förderungen sind bescheiden; der Lebensunterhalt kann meist nur bestritten werden, indem die künstlerische Tätigkeit durch eine andere Erwerbstätigkeit ergänzt und von dieser gestützt wird. Aus künstlerischer Sicht schränkt dies die Entwicklungsmöglichkeiten zumeist erheblich ein. Dieser Umstand wird durch einen unliebsamen steuerlichen Effekt noch weiter ins Negative gekehrt. Die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit werden voll der Einkommensbesteuerung unterworfen, während die negativen Einkünfte aus der künstlerischen Betätigung aufgrund der oben dargestellten Bestimmungen steuerlich unberücksichtigt bleiben. Somit kommt es nicht zur Besteuerung des effektiven Einkommens des Künstlers; besteuert wird nur das Einkommen aus der Erwerbstätigkeit. Die von der Finanzbehörde angestellte Liebhabereivermutung kann seitens des Steuerpflichtigen widerlegt werden. Der Steuerpflichtige hat zu diesem Zweck eine fundierte Prognoserechnung zu erstellen und offenzulegen, in welcher er zeigt, dass die Verluste lediglich den Charakter von Anlaufverlusten haben. Gerade zu Beginn der Tätigkeit entstehen zumeist hohe Anlaufkosten. Demgegenüber sind Umsätze aus Verkäufen noch nicht im zufriedenstellenden Umfang vorhanden. In diesem Szenario wird es keinem Steuerpflichtigen gelingen, über eine Prognoserechnung die Einkunftsquelle zu erwirken und die Liebhaberei- bzw. Hobbytätigkeit zu widerlegen.
Irgendwann ist die Durststrecke hoffentlich vorbei. Der Künstler erwirtschaftet über Verkäufe ein positives Ergebnis. Ab diesem Zeitpunkt liegt jedenfalls eine Einkunftsquelle vor und die Gewinne müssen folglich besteuert werden. Nun ist es absolut unerheblich, dass die Gewinne auf eine Tätigkeit zurückzuführen sind, die einer persönlichen Fähigkeit oder Neigung des Steuerpflichtigen entspringen. Der Umstand „persönliche Neigung“ schränkt lediglich die Verlustverwertungsmöglichkeit ein. Jeder Schritt in die Selbständigkeit ist schwer. Künstler bewegen sich auf einem sehr sensiblen Markt, der für den werdenden Unternehmer zusätzliches Risiko bedeutet. Die steuerlichen Begleitmaßnahmen zur Förderung von jungen Künstlern sind doch eher fragwürdig.