DIE SALZBURGER FESTSPIELE – SIE GELTEN ALS DAS HOCHKARÄTIGSTE FESTIVAL DER KLASSISCHEN MUSIK UND DER DARSTELLENDEN KUNST. VOM GRÜNDUNGSJAHR 1920 BIS HEUTE FOLGEN SIE DEM MOTTO DER GRÜNDERVÄTER, DEM REGISSEUR MAX REINHARDT, DEM DRAMATIKER HUGO VON HOFMANNSTHAL UND DEM KOMPONISTEN UND DIRIGENTEN RICHARD STRAUSS, DEREN BESTREBEN ES WAR, „VON ALLEM DAS HÖCHSTE“ ZU BIETEN.
Und so versammeln sich jährlich die besten Regisseure, Dirigenten, Orchester, Sänger, Musiker und Schauspieler in Salzburg, um einen Sommer lang die Stadt zum künstlerischen Nabel der Welt zu machen. Auch zahlreiche Museen und Galerien nutzen die Strahlkraft der Spiele, um das nationale und internationale kunstinteressierte Publikum zu erreichen. Doch was bleibt, wenn der letzte Ton verklungen ist, die letzten Scheinwerfer verlöschen, die Mitwirkenden die Stadt verlassen haben und die Spielstätten scheinbar zu leeren Hüllen künstlerischen Ausdrucks mutieren? Bei so viel Glanz, Prominenz und Glamour wird leicht übersehen, dass die Festspiele eine Reihe hervorragender Exponate der Bildenden und Angewandten Kunst ihr Eigen nennen. Teilweise stammen sie aus den Anfangstagen der Festspiele, teils handelt es sich um Schenkungen oder Leihgaben großzügiger Sponsoren.
An der Ausstattung des 1960 eröffneten „Großen Festspielhauses“ waren prominente Künstler beteiligt. So stammen die fünf bronzenen Eingangstore von dem deutschen, seit 1944 in Salzburg lebenden Bildhauer Toni Schneider-Manzell (1911−1996). Er gilt als führender Sakralplastiker im deutschsprachigen Raum. Die zwei Marmorplastiken im großen Foyer des Festspielhauses versinnbildlichen die Musik und das Theater. Sie sind Werke des italienisch-österreichischen Bildhauers Wander Bertoni (1925), der von 1965 bis 1994 Leiter und Professor der Meisterklasse für Bildhauerei an der Universität für Angewandte Kunst in Wien war. 1993 wurden von dem österreichischen Unternehmer und Kunstsammler Karlheinz Essl die vier kreuzförmigen Großgemälde zum Thema „Dreams with the Wrong Solutions“ des New Yorker Malers, Bildhauers, Performancekünstlers und Regisseurs Robert Longo (*1953) als Leihgabe für das Foyer des Großen Festspielhauses übergeben und 2016 den Salzburger Festspielen als Schenkung überlassen. Blau steht für „Druck auf den Himmel“, Rot für „Feuergebete“, Gold für „Wehklagen in der Öffentlichkeit“ und Schwarz für „Lieder der Ergebung“.
Alfred Hrdlickas (1928−2009) weiße Marmor-Skulptur ORPHEUS II aus dem Jahr 1963 ist eine Auftragsarbeit für die Salzburger Festspiele und steht in der Mitte des Pausenraumes. Der Wiener Bildhauer, Maler und Schriftsteller hatte Professuren für Bildhauerei in Stuttgart, Hamburg, Berlin und Wien inne. Die Wand über dem Buffet schmückt das Stahlrelief „Huldigung an Anton von Webern“ des Linzer Bildhauers Rudolf Hoflehner (1916−1995), einem Hauptvertreter der modernen Plastik in Österreich. Er schuf unter anderen die Plastik des österreichischen Bundeswappens im Nationalratssitzungsaal. Schräg gegenüber hängt das Gemälde „Swing de Provence 2007“ des Tiroler Malers und Grafikers Markus Prachensky (1932−2011), einem der bedeutendsten Vertreter der österreichischen Avantgarde und der „art informel“ − eine Leihgabe seiner Frau Brigitte.
Den Boden des Pausenraumes zieren die Pferdemosaike des Tirolers Richard Kurt Fischer (1913−1999), der auch den Boden des Pausenraumes im Tiroler Landestheater gestaltete. Zahlreiche seiner Mosaiken, Fresken und Gobelins schmücken öffentliche Gebäude und von Clemens Holzmeister geplante Sakralbauten. Auch die drei Gobelins zum Thema „Feuer, Wasser und Luft“ sind von Fischer.
Weitere Kunstwerke im Großen Festspielhaus sind die Keramikplastiken auf den vier Rangstiegen von Arno Lehmann (1905–1973) und die zwei Gobelins aus dem Jahr 1955 Amor und Psyche“ und „Männliche Chimäre mit Sonne und weibliche Chimäre mit Mond“, von Oskar Kokoschka (1886−1980), der für die Festspiele auch als Bühnenbildner und Kostümbildner tätig war. Das Foyer zu den Seitenlogen im Rang links schmücken die Wandgemälde „Von der Nacht zum Tag“ des Malers und Graphikers Wolfgang Hutter (1928– 2014), leiblicher Sohn des Malers und Schriftstellers Albert Paris Gütersloh. Die Fresken „Salzburg, Seine Erbauer und seine Musik“ im Foyer rechts sind eine Arbeit des mit zahlreichen bedeutenden Preisen geehrten Südtiroler Künstlers Karl Plattner (1919–1986).
Die Reliefmasken in der Fördererlounge des Großen Festspielhauses stammen von dem steirischen Bildhauer Heinz Leinfellner (1911– 1974), ein Schüler Fritz Wotrubas. Vor dem Eingang des 2006 eröffneten Hauses für Mozart steht das markanteste Wahrzeichen der Salzburger Festspiele, die marmornen Mimenmasken des Halleiner Bildhauers Jakob Adlhart (1898–1985), eine Arbeit aus dem Jahr 1926. Seine sechs Betonreliefs „Maskenhaltende Genien“ auf der Seitenwand zur Mönchsbergstiege im Toscaninihof entstanden 1936.
Die Bronzereliefs oberhalb der drei Portale der Saalausgänge des Hauses für Mozart zu der Terrasse über dem Entree sind eine Arbeit des in Hallein bei Salzburg geborenen Bildhauers Josef Zenzmaier (*1933). Sie stellen Szenen aus Mozarts Opern „Le nozze di Figaro“, „Don Giovanni“ und „Die Zauberflöte“ dar. Zenzmaier erlernte die Technik des Bronzegusses bei dem italienischen Bildhauer Giacomo Manzù in Mailand, errichtete 1969 eine eigene Gießhütte in Kuchl/Salzburg und wurde 1974 Leiter der Klasse für Bronzegusstechnik an der Sommerakademie Salzburg, die er von 1979 bis 1996 leitete.
Der aus Liechtenstein stammende Finanztreuhänder und Mäzen Herbert Batliner ermöglichte die Restaurierung der Fresken von Anton Faistauer (1887−1930) im Eingangsbereich des Hauses für Mozart, welche durch die Nationalsozialisten 1938 teilweise entfernt und zerstört worden waren. Auf dem Weg zu den Rängen begegnet man der „Frau mit Mantel“, dem mächtigen Holzrelief von Stephan Balkenhol. Von dem in Hessen geborenen Künstler (*1957), der als Professor in Karlsruhe lehrt, stammt auch Salzburgs meistfotografiertes Kunstwerk, der „Balkenhol-Mann auf der Mozartkugel“ am Kapitelplatz. Xenia Hauser (*1951) malte das beeindruckende Portrait der Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, welches im 4. Stock des Hauses für Mozart hängt.
Einzigartig sind auch die gemalten Wandteppiche in der Festspiellounge im obersten Stockwerk des Hauses für Mozart, der „Salzburg Kulisse“. Clemens Holzmeister hatte sie 1926 als Schmuck für die umlaufenden Balkone im Theatersaal vorgesehen und bei Anton Kolig (1886–1950) und Robin Andersen (1890–1969) in Auftrag gegeben. Sechs der elf stammen von Kolig, der als bedeutendster Vertreter des österreichischen Farbexpressionismus gilt. Fünf der Wandteppiche sind Werke seines Wiener Studienkollegen Andersen. Mit Egon Schiele, Oskar Kokoschka und Albert Paris Gütersloh verband diesen nicht nur eine gemeinsame Studienzeit, sondern auch die Mitgliedschaft in der von Schiele 1909 in Wien gegründeten „Neukunstgruppe“.
Im Gebäude des „Salzburger Schüttkasten“, in dem das Kartenbüro der Festspiele untergebracht ist, versteckt sich ein weiteres Kunstwerk. Hubert Schmalix (*1952) hat das Stiegenhaus mit der Wandmalerei „Orpheus und Eurydike“ ausgestattet. Schmalix wurde 1980er Jahre als Exponent der „Neuen Malerei“ international bekannt. „Das Geheimnis der Kunst liegt darin, dass man nicht sucht, sondern findet.“ (Pablo Picasso 1881−1973).
Wenn Sie also die nächsten Salzburger Festspiele besuchen, dann denken Sie daran: in den Festspielhäusern gibt es nicht nur viel zu hören, sondern auch viel zu sehen.