Form als Geisterlebnis

Josef Floch (1894–1977) Wien – Paris – New York

Bereits die alten Ägyp­ter wür­dig­ten ihre ele­gan­te Erschei­nung, die span­nungs­vol­le Linie der schmal­för­mi­gen Gesich­ter sowie ihre Aura einer geheim­nis­vol­len, uner­gründ­li­chen Ruhe. Pha­rao­nen­hun­de nann­te man die­se Gat­tung der Wüs­ten­hun­de und lieh ihr Gesicht dem Gott des Toten­rei­ches, Anu­bis. Sie fas­zi­nier­ten auch den Öster­rei­cher Josef Floch, der 1923 eine Rei­se nach Paläs­ti­na und Ägyp­ten unter­nahm, und Jah­re spä­ter, 1928 wäh­rend sei­ner Zeit in Paris, die Erin­ne­rung an die­se beson­de­ren Hun­de in einer eige­nen Serie ver­ar­bei­te­te. Er mal­te kei­ne Por­träts, viel­mehr „Denk-Male“, Erin­ne­rungs­stü­cke an alte ver­gan­ge­ne Kul­tu­ren, was durch eine eige­ne Spach­tel­tech­nik, deren Ergeb­nis an Fres­ko­ma­le­rei­en erin­nert, noch unter­stri­chen wird.

Josef Flochs Bil­der sind unver­kenn­bar, denn sei­ne durch­aus facet­ten­rei­che Ent­wick­lung ist stets von einer Hal­tung gekenn­zeich­net, die sich als Ruhe, Traum oder Melan­cho­lie umschrei­ben lässt. 

Ob in den in sat­ten Far­ben expres­siv gemal­ten Bil­dern der frü­hen 1920er Jah­re in Wien oder in den Haupt­wer­ken aus den 1920er und 1930er Jah­ren in Paris oder schließ­lich in den Terrassen‑, Ate­lier­und Städ­te­bil­dern aus der New Yor­ker Emi­gra­ti­on. Floch mal­te stets mit fei­nem Pin­sel, einem über­aus sub­ti­len Far­ben­ge­spür und mit blei­ben­dem Respekt vor der Form. Abs­trak­ti­on war für ihn geist­los, die Form hin­ge­gen das Maß, mit der die Welt, die im Abgrund lag, ihre Wür­de behielt.

Als ein 1894 in Wien gebo­re­ner Maler unter­lag Josef Floch bemer­kens­wer­ter Wei­se nie dem Ein­fluss der herr­schen­den Strö­mung des Jugend­stils. Von Beginn an rich­te­te er hin­ge­gen sei­nen Fokus auf inter­na­tio­na­le Ten­den­zen, unter­nahm früh Rei­sen nach Ita­li­en, Deutsch­land und Frank­reich, wohin er 1925 über­sie­del­te. Er war ein Ein­zel­gän­ger mit inter­na­tio­na­lem Anspruch, des­sen Kar­rie­re erfolg­reich ver­lief. In Paris ver­kehr­te er im illus­tren Kreis der Gale­ris­tin Ber­the Weill; mit Jac­ques Lip­chitz, Cha­na Orl­off und Bal­thus ver­band ihn eine enge Freund­schaft, sei­ne Wer­ke wur­den im Salon d’Automne und im Salon des Tui­le­ries mehr­fach aus­ge­stellt. Ger­main Bazin, ein­fluss­rei­cher fran­zö­si­scher Kunst­his­to­ri­ker und Direk­tor des Lou­vre, wür­dig­te Josef Floch sogar in sei­nem bedeu­ten­den Stan­dard­werk über die Moder­ne Kunst als einen der wich­tigs­ten Ver­tre­ter für den Neoh­u­ma­nis­mus und traf damit einen wesent­li­chen Kern von Flochs Ver­ständ­nis von Kunst.

Beitrag teilen
geschrieben von

ist Kunstexpertin für Malerei des 19. und 20. Jhdts. Langjährige Autorin für die Kunstzeitschrift PARNASS, zahlreiche Katalogbeiträge; Autorin der Werkverzeichnisse zu Rudolf von Alt und Theodor von Hörmann; Kuratorin der Ausstellung über Theodor von Hörmann im Leopold Museum, Wien, 2016.

Consent Management Platform von Real Cookie Banner

Sie befinden sich im Archiv.
Hier geht's zum aktuellen stayinart Online Magazin.

This is default text for notification bar