„Sich als Maler Kopfüber in die Ölfarbe zu stürzen“.
HERBERT DANLER (1928 – 2011)
Dass dem Werk des Stubaitaler Malers, Grafikers und Radierers Herbert Danler einige Jahre nach seinem Ableben eine derart große Wertschätzung entgegengebracht wird, wie beispielsweise die letzte Ausstellung im Toni Knapp Haus in Schwaz gezeigt hat, spricht für die Qualität seiner Kunst, die mittlerweile den Status einer nicht mehr wegzudenkenden Institution in der Klassischen Moderne Tirols ausmacht.
Herbert Danler, der nach der Matura in Innsbruck das Malerhandwerk erlernte und im elterlichen Betrieb in Fulpmes sein erstes Geld verdiente, entschloss sich, 1952 nach Wien zu gehen, um bei keinem geringeren als Professor Herbert Boeckl mit dem Studium an der Akademie der bildenden Künste, zu beginnen. Entbehrungsreiche Zeiten, die er mit vielen seiner Tiroler Kollegen teilte, vor allem aber sein gutes Verhältnis zu seinem Lehrmeister, den er noch in späten Erzählungen verehrend erwähnte, prägten die Jahre des Studiums. Herbert Danler konnte sich wie viele seiner Kollegen den Einflüssen seines Professors nicht entziehen, der wie kaum ein anderer im Stande war, innovative Vorstellungen eines neuen Landschaftsbildes zu definieren und zu prägen, um sie auch seinen Studenten näher zu bringen.
Geschult durch das akademische Vorbild beginnt er – 1957 nach Tirol zurückgekehrt, neben der beruflichen Tätigkeit als Lehrer und Kunsterzieher in Landeck und Zams, die Arbeit als freischaffender Künstler, wobei er sich als Maler, Lithograf und Radierer seinen Platz in der ersten Reihe der Tiroler Kulturlandschaft geschaffen hat. Zum einen war Herbert Danler ein beliebter, rücksichtsvoller Lehrer, dem es gelang, Freund und gleichzeitig Förderer zu sein – bedeutende Künstler wie Elmar Peintner oder Chryseldis Hofer-Mitterer u. a. m. zählen zu seinen erfolgreichsten Schülern – zum anderen hat er sich selbst Zeit gegeben, seine Malerei aus sich heraus zu entwickeln und diese auf der Basis eines eigenständigen, eines auf Distanz zu Vorbildern angelegten Ausdrucks entfalten zu lassen. Neben der Kunst von Herbert Boeckl konnte er auch mit jener des Tiroler Malers Hans Weber-Tyrol viele gemeinsame künstlerische Ansichten teilen. Beiden gelingt es, mit den auf „ihre Welt“ zugeschnittenen und ausgerichteten Bildfindungen einen sehr mitteilsamen und erzählerischen Weg einzuschlagen, beide als glänzende Zeichner und Grafiker bekannt, in den verschiedensten Techniken wie Aquarell und Öl oder Pastell versiert, dabei den unterschiedlichsten Bildvorwürfen zugetan und stets offen, wobei die Liebe zur Landschaft Herbert Danler wie sein Vorbild zu Höchstleistungen inspiriert und angetrieben hat.
Die geistige Aufbruchstimmung, zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Schaffenszeit Herbert Danlers und ist gekennzeichnet vom Bestreben, die in der Realität vorgefundenen Motive in jene nach seinen momentanen Empfinden gültigen Formenwerte zu zergliedern und mit diesen Bausteinen neue Raumordnungen im Bild zu schaffen. Dieser Zugang lässt es zu, wie kaum ein anderer Künstler ein „Inneres Bild“ zu zeichnen, ein Bild, das sich dem Charakter einer Vedute entzieht, übertriebene Modernismen meidet, dennoch zeitgemäß ist und auf dem Spiel von Form und Farbe seinen Ausgang findet.
Danlers Motivwahl – oft konzentriert er sich auf einen Landschaftsausschnitt, ist stets mit der Bekanntschaft des Bewohners oder der Bewohner der Umgebung der Behausung einhergegangen. Er scheute sich nie, mit den Menschen in Kontakt zu treten. Die Geschichte und das Schicksal der Bewohner seiner „porträtierten Motive“ hat ihn stets interessiert und inspiriert, doch keineswegs bewogen der menschlichen Figur im Bild Aufmerksamkeit zu schenken. Der Mensch als Landschaftsgestalter, als Hüter der Geheimnisse und Geschichten, die das alte Gemäuer verbirgt, bleibt vernachlässigt und dennoch gelingt es ihm, ihn im Kern der Aussage evident zu halten. Seinen oft archaisch wirkenden Architekturen lastet viel Geschichte an. Der Interpretation und Fantasie ist mit seinen durch Fenster, Tore, Laubengänge, aufgebrochenen Mauerwerken viel Spielraum geboten, er vergleicht sie mit Augen, Ohren, Nasen und Mündern des Menschen und orientiert sich am Naturschauspiel, das Schluchten, Lawinen und Wasserfälle bieten. Herbert Danler vermittelt trotz Rückzug vom Naturvorbild, Dank kräftigem Duktus, Einsatz starker Farbigkeit, die oft vom Lokalkolorit abweicht und vor allem durch seinen mit viel Weiß gepaarten starken, pastosen Farbauftrag eine Illusion, die sich der dritten Dimension täuschend nähert. Seine künstlerischen Intentionen waren immer dahin gehend ausgerichtet, die erlebte Wirklichkeit mit der Spontanität des Augenblicks, der Emotion und der zum Zeitpunkt des Schaffens gültigen Idee wieder zu geben.
Der Landschaftsmaler Danler war auch als glänzender Porträtist zu erleben, was in den Augen vieler Kunstexperten nicht verwundert, da die Auffassung, Parallelen zwischen beiden Sujets zu finden, durchaus legitim ist. In der Auffassung mancher scheint der Kontakt beim Erfassen einer Landschaft ein ähnlicher zu sein, wie beim Erfassen einer Persönlichkeit. Selten praktizierte Exkurse in das Fach des Stilllebens runden neben Arbeiten im öffentlichen Raum die Palette der Sujet-Wahl ab. Der bemerkenswerte Auftritt Danlers als Lithograf und Radierer hängt mit dem Erfolg als Maler eng zusammen. Vermag er in den stark an die Fläche gebundenen Steindrucken – ähnlich der Malerei seiner Burgen, Berghöfe, Kirchen, Kapellen u. a. m. – Plastizität und Tiefe abzuringen, so begegnet uns in der Radierung, in der „Technik mit der Nadel“ – ähnlich dem Zeichenstift, eine Meisterschaft, die die archaischen Lebensumstände als tägliche, harte Wirklichkeit schonungslos vor Augen führt.