Jakob Demus

Im Grenzenlosen kommt das Auge zur Ruhe

Jakob Demus, 1959 in Wien gebo­ren, hat Bild­haue­rei bei Avra­mi­dis stu­diert und zählt zu den inter­na­tio­nal bedeu­tends­ten Gra­phi­kern. Er ist der Erfin­der der spe­zi­el­len Tech­nik der Dia­mant­kalt­na­del­ra­die­rung, die er welt­weit als Ein­zi­ger beherrscht. Sein 2005 erschie­ne­nes Buch „The Com­ple­te Gra­phik Work“ wur­de mit der „Gol­de­nen Let­ter“ von der Stif­tung Buch­kunst als „Schöns­tes Buch der Welt“ aus­ge­zeich­net. Demus beschäf­tigt sich inten­siv mit den künst­le­ri­schen Tech­ni­ken der Renais­sance und des Barock. Sei­ne Arbei­ten befin­den sich auf fünf Kon­ti­nen­ten in den bedeu­tends­ten Muse­en und Sammlungen.

Demus arbei­tet vor, mit und nach der Natur. Welt ist, was wal­tet − damit ist alles im Uni­ver­sum gesagt. Dies all­ge­mein zur Anschau­ung zu brin­gen, ist die Beru­fung des Künst­lers. Demus ist Idea­list. Sei­ne Lebens­ar­beit gilt dem Zeit­lo­sen im Wan­del des Augen­blicks. Das Stau­nen ist sei­ne Ant­wort auf das Gül­ti­ge im Gewah­ren des Flüch­ti­gen, und was Kunst sei: das Ewi­ge im Jetzt zu fas­sen, − es allen zu zei­gen. Demus schafft Bil­der des Blei­ben­den − zeitlos.

Wer wahr­haft vor die Natur tritt, begehrt, zurück­ge­nom­men zu wer­den zur Nichtmehr-Unterscheidung. 

Schön­heit ist das Glück ist Har­mo­nie. Die­ses ein­zi­ge Prin­zip wirkt alles Sein − in den unend­li­chen Erschei­nun­gen des Sei­en­den. Der Maler sucht es zu ergrei­fen und dar­zu­stel­len mit allem seit Jahr­tau­sen­den erwor­be­nen Kön­nen sei­nes Hand­werks, − der Künst­ler teilt stets sei­ne und all sei­ner Vor­fah­ren gewon­ne­ne Erkennt­nis mit allen. Hier und jetzt. Demus malt Him­mel − seit über vier­zig Jah­ren −, und des­halb wur­de er über­haupt Maler: aus dem Gewah­ren des Grö­ße­ren, über uns Aus­ge­spann­ten, Alles­um­fan­gen­den der Lüf­te, die unser Lebens­ele­ment sind, wir­kend mit dem Licht zur Far­be, am schwe­ben­den auf­ge­stie­ge­nen Was­ser gebil­det. Schön­heit wird erst ganz zum Glück uns, wenn wir sie kom­mu­ni­zie­ren. Das ist über­haupt die Pro­fes­si­on des Malers, das Unfass­ba­re zu zeigen.

Frei­heit ist Glück. Der Him­mel steht uns immer frei. Das malt Demus: die Öff­nung zum Gren­zen­lo­sen. Sich vom tra­di­tio­nel­len, aller phy­si­schen Wahr­neh­mung zuwi­der­lau­fen­den recht­ecki­gen Bild­for­mat lösend, gelang­te er zur Frei­heit des Krei­ses, dem klas­si­schen Ton­do, als Form der poten­ti­el­len Unend­lich­keit und Voll­kom­men­heit. Dies hat schon Pla­ton erkannt.

Der Kreis ist für Jakob Demus’ Spät­werk der Begriff des Tota­len wie der Unend­lich­keit. Mathe­ma­tisch gese­hen: das Makel­lo­se der Kon­struk­ti­on, das Infi­ni­te­si­ma­le in der Linea­ri­tät. Die Rück­kehr zum Ursprung. Das Ankom­men bei sich selbst. Auch der Blick ins Welt­all durch das Rund des Fern­roh­res ist immer offen. Er reprä­sen­tiert die unend­li­che Wei­te des Uni­ver­sums, wo die Mit­te des Gan­zen zum Gan­zen selbst wird. „Das Gan­ze ist ohne Gren­ze“, schreibt er. Aber erst „Am Gren­zen­lo­sen kommt das Auge zur Ruhe“ − viel­leicht erst jen­seits von Nacht und Licht.

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1954 in Wien geboren, ist Autor und Kunstkritiker. Er studierte Philosophie an der Universität Wien und promovierte 1996 in Philosophie im Hauptfach mit der 600 Seiten Dissertation „Diskontinuität und Seinserfahrung“ bei Prof. Kampits, Prof. Mader und Doz. Vetter. Daneben intensives Studium der Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt italienischer Renaisssance bei den Kunsthistorikern Prof. Rosenauer und Prof. Fillitz sowie Grafik bei Prof. Koschatzky. Interesse an griechischer Mythologie, sowie speziellen Bereichen der Kunstgeschichte, Renaissance- und Barockmalerei, sowie profaner Wandmalerei in Mittelmeerraum- und Süditalien, aber auch zeitgenössischer Kunst.

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