NFT: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner digitalen Produzierbarkeit
Blockchains? Bitcoins? Tokens? Das Sachwörterbuch der Kunst braucht ein Update und die Worte die es aufnehmen wird, waren lange nur Finanzexperten geläufig. Zu lange. Die Kunstexperten in Museen sind erst aufgewacht, als der Kunstmarkt in helle Aufregung geriet: Nachdem im Jahr 2020 eine Reihe von bemerkenswert hochdotierten Kunstwerken von Digitalkünstlern wie Pak und Trevor Jones für Aufsehen gesorgt haben, stellte Beeple (* 1981) am 11. März 2021 einen neuen Rekord auf: Der Verkauf von „Everydays – The First 5000 Days“ für 69,3 Mio. USD bei der bereits legendären Christie‘s‑Auktion machte Beeple, alias Mike Winkelmann, zum drittteuersten lebenden Künstler – nach Jeff Koons und David Hockney.
Ein NFT (Non fungible Token) ist die digitale Signatur des Künstlers. Sie macht die Arbeit zu einem Unikat.
Koons und Hockney gehören ins Museum, das wird niemand bezweifeln. Aber was hat Digitalkunst dort verloren, gehört sie nicht ins Internet? Ich wünsche mir einen Ismus für die digitale Avantgarde, die wie jede Avantgarde, Museen durch die Hintertür erobern muss.
Bereits zu meiner Zeit als Direktor des MDBK in Leipzig habe ich den Digital Natives eine Plattform gegeben: Die Ausstellungen VIRTUAL NORMALITY. NETZKÜNSTLERINNEN 2.0
(2017/18) und LINK IN BIO. KUNST NACH DEN SOZIALEN MEDIEN (2019/20 beide kuratiert von Anika Maier) haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir jährlich den Status Quo prüfen. Auch PROOF OF ART ist ein Zwischenbericht: Eine Ausstellung über den aktuellen Stand der Kunst und ihre Wurzeln.
Denn auch wenn der Hype am Kunstmarkt gerade sehr laut diskutiert wird: „Computerkunst“ ist bei weitem kein neues Phänomen, sondern so alt wie der älteste „Rechner“ und es gehört zu den Aufgaben eines Museums, künstlerische Standpunkte zur Disposition zu stellen: Sie zu zeigen, zu diskutieren und im Falle des NFTs auch Aufklärung zu betreiben. Denn es herrscht eine geradezu babylonische Sprachverwirrung, die es zu entwirren gilt, um den Blick auf das Wesentliche möglich zu machen: Zeitgenössische Kunst behandelt ihre Zeit – und unsere Zeit ist digital.
Also: Ein NFT (Non fungible Token) ist die digitale Signatur des Künstlers. Sie macht die Arbeit zu einem Unikat. Sie bindet sein Werk an eine gesicherte Handelsplattform und steht für sein Urheberrecht sowie das Besitzrecht des Sammlers. Das ist die technische Seite, die man verstanden haben muss, damit genannte Verirrungen nicht zu weiteren Verwirrungen führen. Dazu ein Beispiel von vielen: Vom gemalten Unikat eines Michelangelos ein digitales Unikat zu produzieren, darüber hinaus in einer Edition von insgesamt 10 Stück, die mit der Unterschrift des Museumsdirektors auf einem analogen Echtheitszertifikat geliefert werden ist schlicht absurd – und ein Missverständnis: NFTs sind kein Mittel um die Renaissance ins 21. Jahrhundert zu holen, um damit Geld zu verdienen. NFTs sind keine Erweiterung des Merchandising, die ein Museum nutzen sollte. NFTs sind das technische Mittel für Digitalkünstler, um ihre Kunst zu schützen und handeln zu können und das ist auch gut so, Goldgräberstimmung hin oder her, uns Museen muss vor allem eines interessieren: Die Kunst.
Darum ist es richtig, dass Museen digitale Kunstwerke sammeln, bewahren und ausstellen – das ist unsere Aufgabe. Mit PROOF OF ART haben wir es uns zum Ziel gesetzt, zu zeigen, auf welchem Fundament NFTs stehen, denn sie basieren auf einer jahrzehntelangen Entwicklung. Mag die große Aufmerksamkeit aus einer Art Schock-Moment entstanden sein, die weiterführenden Diskussionen sollten sich um etwas anderes drehen als den Kunstmarkt-Hype und die enormen Summen, die dort mit NFTs umgesetzt werden: Dieser Hype hat nämlich ein unglaublich großes künstlerisches Potential freigesetzt, das sich in einem noch nie dagewesenen Ausmaß mit hoher Geschwindigkeit in die Kunstgeschichte einschreibt. Diese Entwicklung möchten wir als Museum begleiten, abbilden und unterstützen – mit PROOF OF ART und Folgeausstellungen im analogen Raum und nicht zuletzt an unserem virtuellen Standort, dem DFC Francisco Carolinum im Metaverse Cryptovoxels.