Georg Huber, Barbara Rainer
WAS IST DAS „DROIT DE SUITE“? Für bildende Künstler stellt der Verkauf ihrer Originale oft die einzige Einnahmequelle dar. Skulpturen, Plastiken aber auch Bilder, gibt es eben oft nur ein einziges Mal oder in limitierter Aufl age. Im Vergleich dazu erzielen Schriftsteller und Komponisten mit dem Verkauf von Vervielfältigungen (Bücher, CDs, etc), Aufführungen oder Sendungen ihrer Werke laufende Einnahmen. Das Folgerecht („droit de suite“) soll hier einen Ausgleich schaffen und auch den bildenden Künstlern einen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Werke sichern. In Österreich wurde das Folgerecht erst am 1.1.2006 aufgrund zwingender EU-Vorgaben eingeführt.
Neben Österreich kannten von den damaligen 15 EU-Mitgliedstaaten nur Großbritannien, Irland und die Niederlande kein gesetzliches Folgerecht. Österreich hat lediglich die Mindestanforderungen des EU-Rechts umgesetzt, weshalb das Schutzniveau für Künstler nicht besonders hoch ist. Beim Folgerecht handelt es sich um einen „Anspruch des Urhebers auf Beteiligung an den Erlösen, die bei der Weiterveräußerung von Originalen seiner Werke erzielt werden“. Der Folgerechtsanspruch ist unveräußerlich und unverzichtbar. In Österreich haben seit dem 1.1.2012 auch die Erben des Künstlers Anspruch auf die Folgerechtsvergütung. Dieser Anspruch endet 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers.
WANN STEHT DER FOLGERECHTSANSPRUCH ZU?
Der Folgerechtsanspruch steht lediglich bei der Weiterveräußerung eines Originals zu. Als Originale gelten Werke, (i) die vom Künstler selbst geschaffen wurden, (ii) die von ihm selbst oder unter seiner Leitung in begrenzter Auflage hergestellt und in der Regel nummeriert sowie signiert oder autorisiert worden sind, oder (iii) die sonst als Originale angesehen werden. Originale sind somit z.B. Bilder, Collagen, Zeichnungen, Stiche, Bilddrucke, Lithographien, Plastiken, Tapisserien, Keramiken, Glasobjekte und Lichtbildwerke. Außerdem hat der Künstler nur dann einen Folgerechtsanspruch, wenn „an der Veräußerung ein Vertreter des Kunstmarkts – wie ein Auktionshaus, eine Kunstgalerie oder ein sonstiger Kunsthändler – als Verkäufer, Käufer oder Vermittler beteiligt ist“. Zu Vertretern des „Kunstmarkts“ zählen auch private Kunstsammler, deren Sammlertätigkeit auf Erwerb gerichtet ist. Auf Geschäfte zwischen Privaten fi ndet die Folgerechtsregelung keine Anwendung. Auch Weiterveräußerungen von Privatpersonen an nicht gewinnorientierte öffentlich zugängliche Museen fallen nicht unter die Folgerechtsregelung.
WIE HOCH IST DIE FOLGERECHTSVERGÜTUNG?
Die Folgerechtsvergütung ist abhängig vom Verkaufspreis. Sie ist degressiv gestaffelt und beträgt, gemessen am Verkaufspreis (ohne Steuern),
- 4% von den ersten € 50.000,
- 3% von den weiteren € 150.000,
- 1% von den weiteren € 150.000,
- 0,5% von den weiteren € 150.000 und
- 0,25% von allen weiteren Beträgen.
Die gesetzliche Regelung lässt ihrem Wortlaut nach keinen Abzug der Anschaffungskosten zu. Kauft also etwa ein Kunsthändler ein Bild um € 100.000 und verkauft es um € 150.000, bemisst sich die Folgerechtsvergütung am vollen Verkaufspreis von € 150.000 und nicht an der Differenz zwischen Anschaffungskosten und Verkaufspreis (das wären in diesem Beispiel € 50.000). Die Folgerechtsvergütung ist mit maximal € 12.500 nach oben hin begrenzt. Um diesen Betrag überhaupt zu erreichen, bedarf es schon eines Verkaufspreises von € 2 Mio. Bei einem Verkaufspreis von € 1 Mio beträgt sie € 10.000, also genau 1%. Diese Beispiele zeigen, wie bescheiden der Folgerechtsanspruch in Österreich ausgestaltet ist. Ein Grund dafür ist, dass man eine Umgehung des Folgerechts durch Verlegung von Verkäufen in Länder ohne Folgerecht, z.B. in die Schweiz, vermeiden wollte. In Österreich steht die Folgerechtsvergütung erst ab einem Verkaufspreis von € 2.500 zu. Hat der Verkäufer das Werk allerdings vor weniger als drei Jahren vom Urheber erworben und beträgt der Verkaufspreis nicht mehr als € 10.000, besteht kein Anspruch auf Folgerechtsvergütung.
WER ZAHLT DIE FOLGERECHTSVERGÜTUNG?
Hauptschuldner der Folgerechtsvergütung ist der Veräußerer. Das ist in der Regel der bisherige Eigentümer. In Ausnahmefällen kann auch der Kunsthändler Hauptschuldner sein, etwa wenn er als sogenannter indirekter Stellvertreter seine Vermittlerfunktion nicht offen legt. In Österreich haften neben dem Veräußerer auch der Erwerber und der Vermittler als Bürge und Zahler. Zahlt der Veräußerer die Folgerechtsvergütung nicht, kann der Künstler daher auch vom Erwerber oder Kunsthändler den Anspruch einfordern. Zur Folgerechtsvergütung erging jüngst am 26.2.2015 eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Christie’s France sah in seinen Bedingungen eine Klausel vor, wonach Christie’s France vom Erwerber die Folgerechtsvergütung einhebt (und dann an den Künstler weiterreicht). Der EuGH sah diese Klausel als zulässig an, sofern eine solche vertragliche Vereinbarung die Pflichten und die Haftung des Veräußerers gegenüber dem Urheber unberührt lässt. Erwerber und Veräußerer können also frei vereinbaren, wer von ihnen die Folgerechtsvergütung bezahlt. Gegenüber dem Künstler bleibt aber unabhängig davon immer auch der Veräußerer haftbar.