Interview mit Yoncé Banks
Yoncé Banks aus Paderborn ist die Siegerin von „Queen of Drags“. Wir haben sie zu einem Interview geladen, um mit ihr über die glamouröse Drag-Welt und diese ganz besondere Form der Performance-Kunst zu sprechen. Das TV-Format „Queen of Drags“ wurde heiß diskutiert, auch in unserer Redaktion, doch es herrscht Einigkeit darüber, dass es einen gesellschaftlichen Beitrag leistet, um auf Themen rund um die LGBTQ-Community aufmerksam zu machen. Im Kern ist Drag eine ausdrucksstarke Kunst, die tief unter die Haut gehen kann, Begrenzungen auflöst, Hemmschwellen beseitigt, Toleranz fördert und dabei respektvoll gegenüber all jenen bleibt, die (noch) mit Berührungsängsten kämpfen.
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Drag ist nicht nur Show, sondern auch ein Statement. Wir wollen ein Zeichen für die LGBTQ-Community setzen. Das größte Vorurteil gegenüber Drag-Queens ist, dass viele Leute, die eben keine Berührungspunkte mit dieser Kunstform haben, glauben, dass man eine Frau sein möchte. Völliger Quatsch!
Was hat dich dazu bewegt bei der ersten Staffel von „Queen of Drags“ mitzumachen?
Ich wollte endlich mal eine große Plattform bekommen mich, mein Talent und meine Message einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Deutschland beweisen, dass ich ein Star bin! Da ich im Vergleich zu den anderen Kandidatinnen in der Vergangenheit am wenigsten Möglichkeiten bekommen hatte auf einer Bühne zu stehen, war es mir umso wichtiger, so eine gigantische Bühne betreten zu dürfen. Dafür bin ich nach wie vor sehr dankbar! Es ist eine große Genugtuung gewonnen zu haben und somit allen Leuten, die nicht an mich geglaubt haben, gezeigt zu haben, was ich drauf habe. Ich bin mir dabei auch selbst treu geblieben und das macht mich stolz.
Wann warst du dir sicher, dass du bei der Jury hoch im Kurs bist – gab es da einen Schlüsselmoment?
Eine wirkliche Sicherheit gab es an sich nicht. Niemand konnte sich sicher sein. Im Endeffekt musste man abliefern und mit seiner Leistung alle vom Hocker hauen. Wie man gesehen hat, gab Bill mir zwei Mal wenige Punkte – trotz guter Kritik -, Conchita liebte mich anfangs und war dann irgendwann scheinbar von meiner „Perfektion“ gelangweilt, was ich nicht als negative Kritik empfunden habe (lacht). Ich denke einfach, ich konnte mit meinem Sexappeal und Starappeal am Ende die Krone mit nach Hause nehmen. Ich denke die Jury hat bemerkt, dass ich mich nicht verbiegen lasse, da ich mich gefunden habe, genau weiß was ich verkörpern will und dadurch Wiedererkennungswert besitze.
Nun bist du die Queen, was bedeutet, dass du auch als „Botschafterin“ für die gesamte Szene fungierst. Welche ist die wichtigste Botschaft, die du in deiner „Amtszeit“ vermitteln wirst?
Mir ist es wichtig, den Menschen aus kleineren Städten zu zeigen, dass man es raus und nach oben schaffen kann. Und für all diese Leute mit großen Träumen habe ich gekämpft, um es ihnen zu beweisen und dies ist mir auch gelungen.
Zurück zu deinen Anfängen – wie wird man Drag? Wer bist du, wenn du nicht als Yoncé Banks auf der Bühne stehst?
Wenn ich nicht als Yoncé auf der Bühne stehe, stehe ich als ganz normaler, bodenständiger und lustiger Mann „Savvas“ im Friseursalon. In Berührung kam ich mit Drag als ich 2014 für eine Hamburger Drag-Queen als männlicher Backgroundtänzer gebucht wurde. Ihre Verwandlung und das ganze Auftreten hat mir so gut gefallen, dass ich es ebenfalls ausprobieren wollte – es fiel mir nicht schwer, da ich als Friseur natürlich gut schminken und frisieren konnte. Vorher habe ich nicht wirklich etwas über Drag gewusst. An der Drag-Kunst faszinieren mich die Inszenierung und das Spiel mit den Geschlechtern. Man erschafft sich seinen eigenen Superstar und darf damit Menschen glücklich machen und dafür sorgen, dass Leute mit Problemen einen Abend lang alle Sorgen vergessen können. Drag ist nicht nur Show, sondern auch ein Statement. Wir wollen ein Zeichen für die LGBTQ-Community setzen. Deutschland muss wach gerüttelt werden und wir wollen neben unserer Kunst auch wichtige Themen aufgreifen.
Hast du als Drag-Queen mit bestimmten Vorurteilen zu kämpfen?
Das größte Vorurteil gegenüber Drag-Queens ist, dass viele Leute, die eben keine Berührungspunkte mit dieser Kunstform haben, glauben, dass man eine Frau sein möchte. Völliger Quatsch! Klar, in der Regel sind Drag-Queens auch schwule Männer, jedoch gibt es auch heterosexuelle männliche Drag-Queens, Frauen die Drag-Queens oder aber auch Drag-Kings sind usw. – Drag ist bunt und jeder darf es ausleben! Auch gibt es das Vorurteil, dass Drag ein Fetisch sein soll. Auch dies ist nicht richtig. Natürlich wird es Queens geben, die vielleicht auch Sex in Drag haben und sich so ausleben. Für mich selbst und viele andere ist Drag aber wiederum „Kunst“ und nichts Sexuelles.
Ist ein TV-Format wie „Queen of Drags“ wichtig, um die Gesellschaft hier zu sensibilisieren? Wie hast du das in deinem Umfeld wahrgenommen – hat sich durch die Sendung etwas verändert?
Ich finde Shows wie „Queen of Drags“ super wichtig, um die Gesellschaft zu sensibilisieren! Wir Drag-Queens haben die Macht mit Witz und Spiel wichtige Themen in anzusprechen und mit Charme dem Publikum verständlich zu machen. Seit der Ausstrahlung der Show „Queen of Drags“ haben mir schon viele Jungs und Mädchen geschrieben, wie sehr sie das Format lieben und dass es ihnen Hoffnung und Mut gibt so zu sein wie sie sein wollen. Auch ist es schön zu hören, dass viele Eltern gemeinsam mit ihren Kindern das Format schauen und Toleranz vorleben. Es macht mich sehr stolz zu den 10 ersten Queens zu gehören, die ein Statement und Zeichen mit ihrer Kunst durch diese Show setzen und für die LGBTQ-Community sprechen durften.
Wie wohl hast du dich allgemein bei „Queen of Drags“ gefühlt? Was läuft Backstage ab? Gibt es Regeln, Vorschriften, irgendwelche Drehbücher?
Ich habe mich sehr wohl gefühlt und werde diese aufregende und spannende Zeit wohl nie vergessen. Durch die 9 anderen Mädels, die geniale Jury + Gastjuroren und die unglaublich sympathische und lustige Crew hat es einfach unglaublich viel Spaß gemacht! Die Sequenzen im Fernsehen sind ein kleiner Ausschnitt von insgesamt 4 Wochen. Klar gibt es Auseinandersetzungen. Wir sind alle Menschen. Uns wurde nie gesagt was wir sagen oder machen sollen! Es sollte authentisch sein und das ist denke ich auch genauso bei den Zuschauern angekommen.
Du hast in diesem Gespräch nun immer wieder betont, dass Drag für dich Kunst ist. Kannst du Yoncé Banks als Kunstfigur näher beschreiben?
Yoncé Banks ist eine Diva! Wie ich immer so schön sage „perfektionistisch, feurig, stets eingeölt und von Kopf bis Fuß parfümiert“ (lacht). Ich habe sozusagen meinen eignen Superstar kreiert. Ich habe einen gewissen Look, weiß haargenau was ich in dieser Rolle verkörpern will und das ist mein Wiedererkennungswert. Ich versuche die Illusion zu schaffen, so weiblich und echt wie möglich auszusehen. Mein Steckenpferd neben Fashion ist natürlich meine Performance. Ich bin mit Absicht sehr sexuell, provokant und leicht bekleidet in meiner Figur, um ein extremeres, ultra sexuell-feminines Frauenbild darzustellen. Mein Drag steht dafür, Frauen darin zu bestärken, dass sie aussehen und machen können, was sie wollen. Eine Frau, die sich freizügig verhält, und sich gibt, wie sie will, wird oft von Männern oder aber auch von andren Frauen mit einem „billigen“ Sexobjekt assoziiert, was völliger Quatsch ist. Eine Frau ist nicht weniger wert als ein Mann! Man muss einfach aufhören Menschen nieder zu machen, die anders sind, nur weil man sich selbst etwas nicht traut oder es selbst nicht so kennt. Im Endeffekt
wurden wir alle nackt geboren – THE REST IS FASHION, DARLING!
Häufig, wenn wir mit Künstler*innen sprechen, dann erzählen die von Höhen und Tiefen, von Phasen der Frustration, die oft überwunden werden müssen, um wieder kreativ zu sein – machst du da ähnliche Erfahrungen?
In der Regel bin ich immer sehr selbstsicher und weiß was ich machen möchte. Ich denke eher, dass jeder Mensch Höhen und Tiefen durchlebt, die ihn prägen und durch die man wächst. Auch ich bin mal ausgelaugt und bleibe nicht davor verschont, aber ich sehe die Tiefen als Anreiz, um zu wachsen und „größer“ zu werden.
Holst du dir auch Empfehlungen bei erfahreneren Drag Queens? Gibt es bestimmte Künstler*innen, die für dich eine Vorbildfunktion haben?
Grundsätzlich hole ich mir keine Inspiration von anderen Drag-Queens. Ich lasse mich von Fashion & musikalischen Ikonen inspirieren. Ich selbst bin – wie man an meinem Namen ableiten kann – großer Beyoncé Fan. Für mich ist Beyoncé mehr als nur ein Superstar. Sie hat es geschafft mit ihrem Gesamtpaket die Ikone unserer Zeit zu werden. Sie sieht gut aus, singt göttlich, kann super tanzen, ist unglaublich kreativ, arbeitet an all ihren Projekten selbst mit, lässt sich nicht in ihren Entscheidungen beeinflussen und bleibt sich selbst immer treu, kann Schauspielern, ist eine Perfektionistin und ist einfach eine sympathische Persönlichkeit. Danach strebe auch ich! Andere Künstlerinnen wie Lady Gaga oder Jennifer Lopez inspirieren mich bühnentechnisch und musikalisch auch. Ich möchte die Besten studieren und von den Besten lernen.
Was steht in deinem Terminkalender 2020 – wo können wir Yoncé Banks erleben?
Am besten auf allen Laufstegen dieser Welt – kleiner Spaß am Rande. Ich werde auf dem Cover der nächsten Ausgabe des TUSH Magazines sein und es wird 8 Seiten Editorial von mir geben. Ich bin in den nächsten Monaten viel unterwegs – u. a. in Berlin, Hamburg, Zürich, Bremen, New York, Köln. Ich habe in Zukunft vieles vor. Gerade erst habe ich meinen ersten Song „Extasy“ veröffentlicht und schreibe/arbeite weiter an eigener Musik und neuen Performances, plane YouTube Videos zu veröffentlichen und vieles mehr – für mehr Infos darüber folgt mir auf Instagram @YonceBanks. Außerdem freue ich mich riesig auf die Arbeit und die Projekte mit MAC COSMETICS, ein absoluter Traum! Alles ist gerade sehr spannend – mal schauen, was das Jahr 2020 so mit sich bringt. Ich bin bereit! Seid ihr es auch?
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