Ausserordentliches, reales Gefühl

Christiane Vleugels

Mit 12 Jah­ren besuch­te sie die Kunst­aka­de­mie in Scho­ten (Bel­gi­en). Unter Meis­ter Her­man Cor­ne­lis arbei­te­te sie dort an ihren Zei­chen- und Model­lier­fer­tig­kei­ten. Mit 17 wand­te sie sich am städ­ti­schen Insti­tut für ange­wand­te Kunst in Ant­wer­pen den Berei­chen Dekor, Wer­bung und Natur­zeich­nung zu und stu­dier­te schliess­lich an der könig­li­chen Aka­de­mie der bil­den­den Kunst Ant­wer­pren Figu­ren­zeich­nung, Ölma­le­rei und Restaurierungstechniken.

Vleu­gels hei­ra­te­te 1986 und zog für sechs Jah­re nach Köln, wo sie zwei Jah­re lang in der bekann­ten Gale­rie der schö­nen Küns­te aus­stell­te. Eini­ge ihrer Arbei­ten gelang­ten bis nach Ägyp­ten und Groß­bri­tan­ni­en. Zurück in Bel­gi­en brach­te die Künst­le­rin meh­re­re Jah­re mit Auf­trags­ar­bei­ten und zahl­rei­chen Repro­duk­tio­nen zu und stell­te ihre Wer­ke unter ande­rem im Fer­nen Osten aus. Seit mehr als 30 Jah­ren ver­dient Chris­tia­ne Vleu­gels ihr Brot als pro­fes­sio­nel­le Male­rin und hat bis­her rund 1000 Gemäl­de geschaf­fen. Dies erklärt das  außer­or­dent­li­che Geschick, das sie heu­te bei ihrer Arbeit – sie malt spon­tan aus dem Steg­reif – an den Tag legt. Als Por­trät­ma­le­rin kon­zen­triert sich Vleu­gels vor allem auf  Ein­zel­per­so­nen und Grup­pen, aber auch Tie­re und zuwei­len Land­schaf­ten. Trotz ihrer außer­ge­wöhn­li­chen Fähig­kei­ten und ihres Talents fühlt sie bei jeder neu­en Krea­ti­on, dass der Lern­pro­zess gera­de erst begon­nen hat, und tat­säch­lich las­sen sich in jedem ihrer Wer­ke neue Aspek­te erken­nen. Ihre Gemäl­de beinhal­ten kei­ne Bot­schaf­ten oder poli­ti­schen State­ments, son­dern ver­lei­ten zum Träu­men und Staunen.

Chris­tia­ne Vleugels

Ich bin offen­sicht­lich kri­ti­scher als mein Spiegel. 

Beob­ach­tet man die Betrach­ter von Chris­tia­nes Gemäl­den (z.B. in Breda’s Muse­um, „Dat is ook een port­ret“, Dutch Mas­ter Pain­ters, Nie­der­lan­de 2016), ist die unmit­tel­ba­re emo­tio­na­le Reak­ti­on offen­sicht­lich. Dies ist nicht nur der erstaun­li­chen tech­ni­schen Fer­tig­keit der Künst­le­rin zu ver­dan­ken, son­dern dem Herz und der See­le ihrer Wer­ke, die sich wie beim Blick in die Augen von Ver­meers „Mäd­chen mit Per­le“ offen­ba­ren. Chris­tia­ne selbst sagt, Por­trät­ma­le­rei sei für sie eine „Her­zens­an­ge­le­gen­heit“.

Die Gefüh­le des Modells erzäh­len eine Geschich­te. Chris­tia­ne Vleu­gels weiß genau, was ein rich­tig gutes Por­trät aus­macht: „Wenn die Augen – das Fens­ter zur See­le – ver­füh­ren, wenn man beim Betrach­ten mehr über den Men­schen im Gemäl­de erfah­ren möch­te. Hin­ter der blo­ßen Far­be muss Leben ste­cken. Es ist immer gut, wenn ein Por­trät auch Raum für die Fan­ta­sie lässt – dann will man als Betrach­ter meist auch mehr über den Künst­ler erfah­ren.“ Wenn­gleich es für Chris­tia­ne kei­ne häss­li­chen Por­träts gibt, so möch­te sie doch, dass jedes ihrer Model­le mit dem Ergeb­nis zufrie­den ist. Aller­dings fin­det sie es fas­zi­nie­rend, wenn ein Bild auch ande­re Aspek­te als Schön­heit allein preis­gibt. In die­sem Zusam­men­hang ver­rät sie uns, dass sie sich selbst stets älter malt, als sie ist.

Seit den 1960er Jah­ren kon­zen­triert sich die Haupt­strö­mung von Kunst und Male­rei auf neue Rich­tun­gen. Die­ser Trend führ­te dazu, dass hand­werk­li­ches Geschick nicht mehr zu den Grund­fä­hig­kei­ten der Kunst­schaf­fen­den gehör­te. Wenn­gleich nun seit eini­gen Jah­ren der Rea­lis­mus welt­weit ein Come­back fei­ert, wird vie­ler­orts behaup­tet, Kunst sei alles ande­re als Realismus.

Wir haben im Rah­men meh­re­rer Aus­stel­lun­gen dies­be­züg­lich mit Besu­chern und Sach­ver­stän­di­gen über die­ses The­ma dis­ku­tiert. Wer aller­dings Chris­tia­nes Gemäl­de ein­ge­hend betrach­tet, erkennt, was hin­ter Por­träts wie den ihren steckt. Viel­leicht wis­sen Sie, dass in einem farb­ge­treu­en Foto auf Ihrem Com­pu­ter­bild­schirm (24 Bit) gan­ze 16.777.215 Far­ben ste­cken. Wenn Sie sich dann ein belie­bi­ges Bild von Chris­tia­ne Vleu­gels auf einer Lein­wand von bei­spiels­wei­se 120 x 160 cm anse­hen, wer­den Sie fest­stel­len, dass es aus einer Mischung von viel­leicht 10 bis 12 Far­ben besteht. Vleu­gels ist eine Zau­be­rin, oder mög­li­cher­wei­se eine Alche­mis­tin, die aus ihren Grund­far­ben Tau­sen­de von Farb­tö­nen schafft, die ein Bild benö­tigt, um sich der Rea­li­tät zu nähern oder sogar dar­über hin­aus­zu­ge­hen, um bei­na­he drei­di­men­sio­na­le Tie­fe und mehr emo­tio­na­les Poten­ti­al als jedes Foto zu schaffen.

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geschrieben von

ist Mitbegründer von Dutch Master Painters, einer modernen und alles andere als typischen Kunstgalerie, die wichtige Künstler aus den Niederlanden anhand traditioneller und moderner Mittel präsentiert. Die Dutch Master Painters richten zahlreiche kleine und große themenorientierte Ausstellungen in Museen und Anwesen aus. 2016 konnte in Zusammenarbeit mit Breda’s Museum die Ausstellung „Dat is ook een portret!“ organisiert, an der Bert van Gerwen als Kurator und Mitherausgeber des dazugehörigen Buches beteiligt war.

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