In der Porträtkunst von Bernhard Prinz wird das Leben gefeiert.
Bei Bernhard Prinz fängt das hohe Vergnügen seine Bilder zu betrachten ganz simpel mit einem schlauen Trick des Künstlers an: dem Spaß des Wiedererkennens bekannter Gesichter trotz ihrer karikaturistischen Verfremdung. Dem kann sich keiner entziehen. Zu oft haben wir alle solche Antlitze schon gesehen, wie sie von Bernhard Prinz uns malerisch und zeichnerisch aufbereitet werden und ihre Merkmale gespeichert, als dass der Akt der Identifizierung einen abgebildeten Prominenten nicht zur lustvollen Erleichterung gerät aus dem überladenen Bildervorrat in unseren Köpfen einen Treffer landen.
Anders aber als die politischen Karikaturisten und Cartoonisten, die durch heftige zeichnerische Übertreibungen der Wesenszüge die gemeinten Personen bloßzustellen pflegen – oft aus guten Gründen, zuweilen freilich diffamierend – verstärkt Bernhard Prinz die Charakteristika seines Personenarsenals nicht satirisch, sondern humoristisch. Wenn sie es nicht schon im echten Leben gewesen sind, werden sie uns durch die Aufnahme ins Repertoire von Bernhard Prinz’ Porträtkunst durchaus sympathischer. Das künstlerische Verfahren aus den zu Pulks gruppierten Sympathieträgern öffentlichen Lebens jeweils in überbordenden Tableau Situationen zu Bühnenauftritten zu inszenieren, bedient sich mit bemerkenswerter Virtuosität der Technik Eigentümlichkeiten von Habitus, Kleidung und markantem Profil so zu fokussieren, dass die so Gekennzeichneten mit der verkürzten Darstellung ihrer „Marke“ verschmelzen.
Nichts anderes macht es der Witz, der ja die direkteste Entfernung vom Gedanken zum evozierten Bild kurzschlussartig so überraschend herstellt, dass Zuhörer und Betrachter diese überraschende Energieentfaltung mit Lachen beantworten, wie Karl Kraus anhand der Komikexplosion in Johann Nepomuk Nestroys Sprach- und Bilderfindungen nachgewiesen hat. Im Umkehrschluss vermuten wir bei dem Künstler ein hohes Maß von Empathie mit seinen „Opfern“, ein in Kreisen von Satirikern, Parodisten und Kabarettisten nicht leicht zu findende Qualität. Woher kommt Bernhard Prinz’ Faible für die Selbstdarstellungen der Menschen, auf die er trifft, sei es persönlich oder in der Abbildung, und sein so schneller und scharfer Blick auf ihre Eigenheiten – ein eben nicht gnadenloser Blick, ganz im Gegenteil?
Der in München 1975 geborene künstlerische Autodidakt, Sohn eines Porträtmalers und einer Lithografin, hat sich seine Kunstfertigkeit buchstäblich auf der Straße selbst beigebracht. Über ein Jahr verbrachte er als 17jähriger in Spanien als Schnellmaler von Porträts und Karikaturen, bevor die ersten prominenten Illustrationsaufträge nach seiner Rückkehr nach München kamen: für die Süddeutsche Zeitung, für den „Playboy“, für den „Stern“. Seine Gerhard Schröder-Karikatur für die Sendung „GerdShow“ prägte sich in der Medienwelt wie auch in der politischen Welt ein. Als die Initiative für eine Münchner Variante der amerikanischen Street Art von den Münchner Galeristen und Kunstsammlern Ulrich Richter und Lothar Keuler gemeinsam mit Selena Fletcher ins Leben gerufen wurde unter dem Titel „Pop Surrealism &Urban Art“, zuerst in den Räumen ihrer Galerie in der Würmtalstraße in München-Hadern, später als „Arts ‚n’ Boards“ in der Schwabinger Belgradstraße 9, beteiligte er sich engagiert und wurde einer der Hauptexponenten. 2009 war seine erste umfassende Ausstellung in der Galerie Richter&Masset in der Würmtalstraße – zeitgleich mit dem beginnenden Siegeszug der Kunstmesse „Stroke Art Fair“ für Urban Art der Gebrüder Schwalbe, die alljährlich „Low Brow“-Kunst abseits vom Mainstream mit Künstlern aus aller Welt zelebriert und heute zu den Highlights des Münchner Kulturlebens zählt.
Unter dem ironischen Titel „Der Große Prinz“ wurden 200 Werke von Bernhard Prinz in dieser Galerienausstellung gezeigt und ihr Schöpfer sogleich von der Münchner Prominenz gefeiert, allen voran von Thomas Gottschalk, der sich öffentlich als ihr Fan zum Stil der Werke von Bernhard Prinz bekannte und zu ihrem größten Sammler wurde.
Es kam zu einer denkwürdigen Fernsehübertragung, bei der Gottschalk dem Modezar Karl Lagerfeld das wohl beste Porträt, das je von Lagerfeld entstanden ist, als sein Geschenk überreichte, mit der prompten Antwort von Lagerfeld, dass auch er ein Fan von Bernhard Prinz sei. Wie ja die gesamte Münchner Kultur- und Politik- Prominenz begeistert auf jedes neue Werk von Bernhard Prinz zu reagieren pflegt. In einer Stadt, die stolz ist auf ihre Traditionen der Satire und des bairischem „Derbleckens“, von Karl Valentin über Frank Wedekind, Lion Feuchtwanger und Oskar Maria Graf, von Rainer Werner Fassbinder und Herbert Achternbusch bis zu Franz Xaver Kroetz, Helmut Dietl, Marcus H. Rosenmüller und Gerhard Polt, schließlich zur Salvator-Rede auf dem Nockherberg, ist diese Beliebtheit sicherlich ein Ritterschlag. Vergessen wir nicht, dass der allergrößte Könner und Kenner des deutschen Humor nahezu 50 Jahre bei München, am Starnberger See, verbrachte. Und im engeren Sinne zeichnerischer Karikatur – in der Riege solcher Münchner Meister der spitzen Feder zu spielen wie Dieter Olaf Klama, Pepsch Gottscheber, Dieter Hanitzsch, Gustav Peichl, Luis Murschetz und Gabor Benedek ist mitnichten ein Prädikat, das so leicht zu erhalten ist.
Es sind, neben den ausgezeichnet treffsicheren Karikaturen der internationalen Prominenz von Politik, Kunst, Musik, Film und des Münchner Stadtlebens in Einzelporträts vor allem seine großformatigen Szenengemälde, nämlich die Panorama- und Suchbilder, welche die eigentliche künstlerische Handschrift von Bernhard Prinz ausmachen und als sein Alleinstellungsmerkmal bezeichnet werden können. So sind „Superstarmarket“, „Teatime“, „Maxiwiesn“, „Hahnenkamm“, „Nostalgia“ und „Münchner Polit-Geisterbahn“ höchst unterhaltsame Puzzlespiele, die das Bildgedächtnis jedes einzelnen Betrachters für die Protagonisten der Kultur‑, Film‑, Musik- und Kunstgeschichte und für die angesagten Figuren der Politik und der Bussi-Bussi-Gesellschaft (vorwiegend in München ) sowohl bemühen als auch belohnen. Wichtig ist dabei, dass es dem Künstler gelingt ohne Umschweife die Wesensmerkmale der Dargestellten herauszuschälen und sie „rüberzubringen“, wie man in der Bühnensprache sagt, also ihnen unmittelbare Präsenz zu verschaffen.
Darin ist Bernhard Prinz genial wie kaum ein anderer. Da er selber Spaß hat an dieser Methode und ja auch seine Geschöpfe erklärtermaßen gern hat, begeben wir uns alle mit großem Vergnügen in unserer Fantasie auf die für 2018 geplante Ausfahrt per Dampfer, die sich schon im Suchbild „Queen Mary 2“ andeutet, wenn die auf Deck Versammelten ihre Betrachter allesamt vergnügt anstrahlen. Der Optimismus, mit dem Prinz dann sicherlich sein nach New York zu überführendes Bild schaffen wird, möge zur Brücke werden, so wünschen wir es ihm und gleichfalls auch uns – für die gemeinsamen, vorhandenen und immer noch prägenden wie auch zukünftigen Leitfiguren und Leitbilder des European und des American Way of Life. Dass wir solche Bilder und Figuren brauchen, erfahren wir täglich von neuem, leider leidvoll! Was die karikaturistisch schrägen Verstellungen in seiner so bemerkenswerten Kunst der Zeichnung betrifft, so schließt Bernhard Prinz in treffender Selbstanalyse des künstlerischen Programms als Porträtist seinen Kommentar über eine vierfache Karikatur des FC Bayern –Stars Thomas Müller mit den Worten: „immer erkennbar niemals verletzend“.