Hasta la vista para siempre?
Wir haben Roberto während eines Italien-Aufenthaltes kennengelernt und in einme Gespräch über die Kunst herausgefunden, dass er ausgebildeter Fotograf und Designer ist und ähnlich wie wir, eine ausgeprägte Begeisterung für Cuba und seine Menschen hat.
Seit kurzem betreibt er während der Sommermonate gemeinsam mit seiner Frau Lorena ein individuelles B&B in der idyllischen Hafenstadt Cesenatico. Für die beiden ist es der notwendige Ausgleich nach jahrzehntelanger Werbetätigkeit für internationale Brands in den USA.
Während ihrer zahlreichen Reisen haben sie weltweit viele Hotels kennengelernt und nun ihre kleine Oase umgesetzt. Die herzliche Gästebetreuung steht dabei im Vordergrund und das machen die beiden mit außergewöhnlicher Leidenschaft. Dem Fotografieren hat Roberto deshalb aber noch lange nicht den Rücken gekehrt – im Gegenteil – nun kann er endlich seine persönlichen Fotostrecken als Künstler umsetzen und ist nicht mehr auf das „kommerzielle“ Auge angewiesen, wie all die Jahre zuvor. Die Wintermonate verbringt Roberto beispielsweise in Cuba und fängt beeindruckende Momente ein. Wir haben uns mit ihm zu seiner aktuellen Foto-Serie „Cuba Cars“ unterhalten.
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für Autos aus den 1950er Jahren entdeckt?
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für Autos aus den 1950er Jahren entdeckt?Bereits als kleiner Junge! Wie die meisten meiner Altersgenossen bin ich unter dem starken Einfluss der amerikanischen Kultur aufgewachsen: Das Fernsehen war damals noch ganz neu, und wir sogen Filme und Shows aus Übersee mit Begeisterung auf. Auch Comics spielten eine Rolle, denn die großen bunten Automobile der Comichelden waren genauso aufregend wie die der Filmstars. Sie waren in meinen Gedanken ständig da, feuerten meine Fantasie an und vermittelten mir ein Gefühl von Freiheit und Stärke. Außerdem war da noch die Musik…Elvis Presley, American Graffiti, etc. Die Kombination aus alledem lieferte mir ein perfektes und vielleicht etwas surreales Bild eines weit entfernten Landes, das ich eines Tages besuchen wollte. Ich träumte von den herrlichen Wagen mit ihrer weichen, sinnlichen Silhouette, wollte sie sehen und fahren. Sobald sich also die Gelegenheit dazu ergab, begab ich mich auf meine erste Reise in die Vereinigten Staaten. Es war wunderbar, aber gleichzeitig auch eine kleine Enttäuschung.
Weshalb waren Sie enttäuscht?
Ich flog 1982 zum ersten Mal nach Amerika, und die Autos, die ich so gerne sehen wollte, fuhr damals schon niemand mehr. Sie waren also höchstens in Museen und entsprechend spezialisierten Galerien zu bewundern. Natürlich hatte ich so etwas erwartet. Was wir in den 1980er Jahren im amerikanischen Fernsehen sahen, war anders als die Bilder aus meiner Kindheit. Die Formen der Automobile waren geradliniger und schärfer geworden – die weichen Flügelformen, die mich so faszinierten, waren out. Die kalifornischen Highways und die Boulevards von Los Angeles waren immer noch breit und gaben mir das Gefühl schier grenzenloser Freiheit, aber mein Kindheitstraum, sie in einem herrlichen Wagen aus den 1950ern zu befahren, war nicht mehr zu erfüllen.
Was geschah dann?
Wenn man fest an seine Träume glaubt, werden sie früher oder später auf die eine oder andere Art wahr… bei mir kam es rund 25 Jahre später so, als ich nach Kuba kam und erneut zum ersten Mal auf einem neuen Kontinent stand! Ich traute meinen Augen nicht: Chevrolets, Buicks, Fords und unzählige Autos weiterer Marken, allesamt aus den 1950er Jahren – authentisch, laut und strotzend vor Chrom. Manche waren abgerändert und angepasst oder etwas lieblos repariert worden und gaben eine Menge Rauch ab, aber sie waren funktionstüchtig. Es war, als wäre die Zeit stehengeblieben, um auf mich zu warten, als hätte sie eigens für mich gebremst, um meinen Traum wahr werden zu lassen. Außer den Autos waren überall Gegenstände, Architektur und allerlei andere Spuren aus den 1950ern sichtbar – vielleicht etwas verbraucht und über die Jahrzehnte abgenutzt, aber eben darum noch faszinierender. Ich fühlte mich sofort stark zu alledem hingezogen. Das Land schien in der Zeit gefangen zu sein, und so begann ich, Fotos zu schießen. Als ich die Bilder später durchsah, beschloss ich, wieder nach Kuba zu reisen, um einen der heute symbolträchtigsten Aspekte des Landes zu dokumentieren.
Sind alle Bilder aus dieser Serie neueren Datums?
Einige stammen aus dem Jahr 2008, aber der Großteil entstand 2016 bei meinem nächsten Aufenthalt in Kuba. Diesmal wollte ich die Autos in dem für das Land typischen architektonischen Kontext ablichten. Ich reiste von Osten nach Westen und fotografierte wann immer möglich auch immer die Menschen, dank derer die Fahrzeuge noch am Leben und funktionstüchtig waren. Es ist unglaublich, dass sie die Autos mit ein paar wenigen Werkzeugen und unter den denkbar schlechtesten Bedingungen (auf der Straße, auf Parkplätzen und in alten Schuppen) immer noch reparieren können! Die Wagen sind für mich eine Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie sind nicht nur Teil der Geschichte, nicht nur eine Erinnerung, sondern vielmehr ein lebendiges Gefühl, das einen verloren geglaubten Teil des Lebens zurückbringen kann. Sie sind weit mehr als Rechner, Smartphones und all die anderen entfremdenden technologischen Hilfsmittel, an die wir uns so sehr gewöhnt haben. Die geflügelten, sinnlichen Formen, von denen ich vorhin gesprochen habe, und ihre lauten Motoren beschwören in unserer Vorstellung das Bild eines weiten Highways aus den 1950ern herauf, der sich in eine zeitlose Zukunft hin erstreckt.