Austellung: Die Geburt der Erinnerung
Erstmals zeigt eine groß angelegte Ausstellung die bisher unbeachteten Parallelen im Schaffen der beiden Avantgarde-Künstler Salvador Dalí (1904–1989) und Hans Arp (1886–1966). Anhand wegweisender Werke aus internationalen Sammlungen werden der veristische Surrealismus Dalís und der abstrakte Surrealismus von Arp gegenübergestellt.
In der Ausstellung treffen spektakuläre Arbeiten Salvador Dalís wie u. a. »Traum verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel vor dem Erwachen« (1944) mit bisher nur selten gezeigten surrealistischen Holzreliefs von Hans Arp aufeinander. Die Begegnung der ausgestellten Werke verdeutlicht, wie sehr Dalís Arbeiten um 1928 von abstrakt-organischen Formen geprägt sind, die ähnlich wuchern, wachsen und sich wandeln, wie es für die Kunst Hans Arps typisch ist. Auch die Lyrik Arps bildet eine weitere Schnittmenge mit einigen von Dalís Werken. Dabei werden zahlreiche Entsprechungen ihrer unbewussten Vorstellungswelten und verrätselten Visionen anschaulich.
Wie für den Surrealismus typisch, finden wir sowohl bei Dalí als auch bei Arp traumartige und unerklärliche Bilder und Sequenzen: Uhren zerfließen oder haben Schnurrbärte, Körper haben Schubladen und Telefonhörer werden zu Hummern. Angelehnt an den Pavillon »Dream of Venus« – den Dalí für die Weltausstellung in New York 1939 entwarf – bietet sich im Kabinett die Möglichkeit in eines der ersten Environments der Kunstgeschichte einzutauchen. Für die richtige Atmosphäre sorgt dabei vor allem die Aufnahme des Originaltons aus eben diesem Pavillon, der mit aufwändigen Kulissen inszeniert war. Zum allerersten Mal seit jener Zeit ist die verführerische Stimme der »Venus« und der Chor ihrer Verehrer*innen nun wieder zu hören.
Trotz der vielen Parallelen in den Werken der beiden Künstler verfolgen sie dennoch ihre eigenen Wege innerhalb des Surrealismus. So ist Salvador Dalí mit seinem akademischen Pinselstrich einer der wichtigsten Vertreter des veristischen Surrealismus, während Hans Arp mit seiner organischen Formensprache für den abstrakten Surrealismus steht.
Salvador Dalí und 250 Jahre Ludwig van Beethoven
Wie Ludwig van Beethoven zählt Salvador Dalí zu den radikalsten Künstlern seiner Zeit – exzentrisch, genial, sich immer wieder neu erfindend. Zum 250. Geburtstag Beethovens wird dem Arp Museum Bahnhof Rolandseck die Ehre zuteil, als erstes Museum von der Fundació Gala-Salvador Dalí die Arbeit »Beethovens Kopf« (1973) als Leihgabe zu erhalten. Dieses expressive Werk wurde mithilfe eines echten Tintenfischs und seiner eigenen Tinte angefertigt. Nie zuvor hat dieses außergewöhnliche Porträt seinen Platz verlassen, den Dalí dafür auserwählt hat.
Dalí: Ein multimediales Corporate Design
Wie kaum ein anderer hat es Dalí geschafft, nicht nur durch seine einzigartige Malerei Berühmtheit zu erlangen, sondern auch als Inbegriff des exzentrischen Künstlers zum Star zu werden. Ein zweiter Ausstellungsteil zeigt dieses geniale Selbstmarketing in all seinen Facetten: Dalí als Mythos, Marke und Multimediakünstler. Der Wunsch nach der Entgrenzung seiner Kunst, die zu einer neuen, ganzheitlichen Kunsterfahrung führen sollte, brachte Salvador Dalí in die Welt des Films. Die beiden wegweisenden surrealen Meisterwerke »Ein andalusischer Hund« (1929) und »Das goldene Zeitalter« (1930) – beide in Zusammenarbeit mit Luis Buñuel entstanden – sind in der Ausstellung zu sehen. Zudem die von Dalí gestaltete Traumsequenz aus Hitchcock’s »Spellbound« (1945) und die Disney-Kooperation »Destino« (1945/2003).
Dalí lässt sich heute als kreatives Allround-Talent betrachten. Seine künstlerische Genialität geht dabei über seine Gemälde und sein filmisches Werk weit hinaus und umfasst auch das Produktdesign – Objekte wie Aschenbecher, Krawatten oder Möbel. Zeitgleich bietet dieser Ausstellungsteil im Bahnhof mit Fotografien des berühmten Porträt- und Modefotografen Philippe Halsman auch intime Einblicke in die Welt Salvador Dalís und seines ikonischen Schnurrbarts.
Die Begeisterung Salvador Dalís für neue Technologien wurde innerhalb der Ausstellung mit einer Augmented-Reality-Anwendung (Fachbereich Mediendesign der Hochschule Mainz) und einem 360°- Film »Dreams of Dalí« (Dalí-Museum in St. Petersburg, Florida) gewürdigt. Aufgrund der Corona-Bestimmungen werden diese beiden Ausstellungselemente allerdings nach Wiedereröffnung leider nicht mehr erlebbar sein.