500. Todestag eines der größten Genies

Als Sohn des Notars Pie­ro und einer wohl in des­sen Haus täti­gen Magd namens Cate­ri­na, wur­de Leo­nar­do, der spä­ter sei­nem Namen, wie üblich, die Orts-Her­kunft Vin­ci anfüg­te, am 15. April 1452 gebo­ren. Der Notar Pie­ro aner­kann­te Leo­nar­do als sei­nen Sohn und nahm ihn im Alter von 5 Jah­ren zu sich und sei­ner Fami­lie nach Flo­renz. Die Mut­ter Cate­ri­na hei­ra­te­te spä­ter einen Töp­fer­meis­ter in Vin­ci. Von müt­ter­li­cher Sei­te bekam Leo­nar­do 5 Halb­ge­schwis­ter, vom Vater waren es 11. Die tra­di­tio­nel­le Auf­fas­sung, die Mut­ter Leo­nar­dos sei eine ört­li­che Bau­ern­magd gewe­sen, wird in jün­ge­rer For­schung, seit etwa 50 Jah­ren, ange­zwei­felt. Auch anthro­po­lo­gi­sche Unter­su­chun­gen gesi­cher­ter Fin­ger­ab­drü­cke Leo­nar­dos las­sen For­scher ver­mu­ten, Cate­ri­na sei eine getauf­te Skla­vin ara­bi­scher Her­kunft gewe­sen. Man darf der wei­te­ren Aus­ein­an­der­set­zung gespannt entgegensehen.

In Flo­renz kam der 17-jäh­ri­ge Leo­nar­do in die Leh­re des Malers und Bild­hau­ers Ver­roc­chio. Leo­nar­dos mit­wir­ken in Gemäl­den des Meis­ters sind nach­ge­wie­sen. Sei­ne Inter­es­sen gal­ten aber nicht nur der Male­rei. Schon früh betrieb er natur­wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en, befass­te sich mit Archi­tek­tur und Kon­struk­tio­nen, wie etwa einer Flug­ma­schi­ne, einem gepan­zer­ten Kriegs­fahr­zeug oder einem Tau­cher­an­zug für Unter­was­ser­kämp­fer. Sei­ne Idee eines Auto­mo­bils wur­de etwa 400 Jah­re spä­ter und unab­hän­gig sei­ner Ent­wür­fe ver­wirk­licht. Leo­nar­do hin­ter­ließ vie­le Skiz­zen und Ent­wür­fe von Kon­struk­tio­nen, sodass die­se als Model­le gebaut wer­den konnten.

Etwa 1482 ver­ließ Leo­nar­do Flo­renz und zog nach Mai­land. Er wur­de am Hof der Sfor­za als viel­sei­ti­ger „All­roun­der“ geschätzt. Er wirk­te als Archi­tekt und Orga­ni­sa­tor von Fes­ten des Hofs. Er schuf Büh­nen­bil­der, ver­fass­te und rezi­tier­te Fabeln und mora­li­sche Sati­ren. Gleich­zei­tig all sei­ner Stu­di­en und Auf­zeich­nun­gen zu Pro­por­tio­nen des mensch­li­chen Kör­pers, der Ana­to­mie, Phy­sik, Geo­me­trie, Sta­tik von Bau­wer­ken schuf er in Mai­land auch als Maler her­aus­ra­gen­de Wer­ke, so die heu­te im Lou­vre befind­li­che Fels­grot­ten­ma­don­na und das Wand­ge­mäl­de Das letz­te Abend­mahl in der Kir­che San­ta Maria del­le Gra­zie, ein Monu­men­tal­werk von 8.80 Meter Brei­te und 4.60 Meter Höhe. Lei­der unter­lag das Werk schon bald einem lang­wie­ri­gen Ver­fall der Mal­sub­stanz, aus­ge­löst durch nach­tei­li­ges Grund­ma­te­ri­al und man­gel­haf­te Restau­rie­rungs­ver­su­che, die erst vor etwa 40 Jah­ren eine Sta­bi­li­sie­rung des noch Vor­han­de­nen erzielte.

Hin­der­nis­se kön­nen mich nicht bre­chen. Jedes Hin­der­nis weicht einer ent­schlos­se­nen Lösung. 

Als 1484 in Mai­land die Pest aus­brach, erkann­te Leo­nar­do den Zusam­men­hang von Pest und man­geln­der Hygie­ne. Er unter­brei­te­te dem Fürs­ten Vor­schlä­ge zur Was­ser­ver­sor­gung und –rein­hal­tung und erreich­te die ers­te gere­gel­te öffent­li­che Müll­ab­fuhr. Im Jahr 1500 gelang­te Leo­nar­do über Vene­dig und Man­tua wie­der nach Flo­renz. Er erhielt male­ri­sche Auf­trä­ge, die er ver­nach­läs­sig­te, weil er sich lie­ber mit wis­sen­schaft­li­chen Fra­gen beschäf­tig­te, so etwa mit Geo­gra­phie und Inge­nieurs­kunst. Ein Bei­spiel des zeit­wei­lig gerin­ge­ren Inter­es­ses an der Male­rei ist das heu­te im Lou­vre befind­li­che Gemäl­de der Anna Selbdritt.

Maria und Anna sit­zen bei­ein­an­der, wäh­rend sich das Jesus­kind aus Mari­as Armen löst um mit einem Lamm zu spie­len. Leo­nar­do hat­te 1501 den Ent­wurf dazu für ein Klos­ter ange­fer­tigt. Erst zwi­schen 1506 und 1516 been­de­te er das Gemäl­de, nach­dem zuvor Fil­li­pi­no Lip­pi und Peru­gi­no die Aus­füh­rung begon­nen hat­ten. Im Jahr 1503 begann Leo­nar­do die Arbeit am heu­te welt­weit bekann­tes­ten Gemäl­de, der Mona Lisa, auch als La Gio­con­da bekannt, so genannt nach der ihm Modell sit­zen­den Mona Lisa del Gio­con­da. Wäh­rend vier Jah­ren arbei­te­te er immer wie­der an die­sem Gemäl­de und es wur­de berich­tet, dass er wäh­rend des Malens Musik auf­spie­len ließ. Es wur­de immer wie­der gerät­selt, ob es sich bei der Dar­ge­stell­ten viel­leicht um Leo­nar­dos heim­li­chen Gelieb­ten Salai, (Salaj) han­delt. Die­ser Hin­weis wur­de bereits von Gior­gio Vasa­ri, dem ers­ten Bio­gra­phen Leo­nar­dos genannt. Tat­säch­lich trenn­te sich Leo­nar­do solan­ge er leb­te nicht von die­sem Bild. Zahl­los sind die Geschich­ten und Fan­ta­sien über das geheim­nis­vol­le und rät­sel­haf­te Lächeln der Mona Lisa. Oder ist es Mon Salai, ein Ana­gramm das schon Vasa­ri nennt? Nach Leo­nar­dos Tod ver­wal­te­te Salai des­sen Nach­lass. Franz I. von Frank­reich erwarb die Mona Lisa. Er war ein Ver­eh­rer und Bewun­de­rer des gro­ßen Wis­sens und der Kunst Leo­nar­dos. Er stell­te ihm ein Schloss in Ambo­i­se zur Ver­fü­gung und sorg­te für allen Unter­halt. Er besuch­te ihn dort häu­fig und pfleg­te regen Gedan­ken­aus­tausch. Leo­nar­do leb­te dort wäh­rend sei­ner bei­den letz­ten Jah­re nach­dem er Rom ver­las­sen hat­te. Ein Bru­der des Medi­ci Paps­tes Leo X. hat­te ihn nach Rom ein­ge­la­den und ihm im Vati­kan ein eige­nes Ate­lier gege­ben. Der Papst jedoch bevor­zug­te Michel­an­ge­lo und Raf­fa­el. Die Intri­gen im Vati­kan mach­ten Leo­nar­do zu schaf­fen, beson­ders als man ihm wegen sei­ner ana­to­mi­schen Stu­di­en Lei­chen­fled­de­rei vor­warf. Sei­ne medi­zi­ni­schen Stu­di­en blie­ben wäh­rend Jahr­hun­der­ten ver­schol­len, wie auch vie­le sei­ner Auf­zeich­nun­gen und Schrif­ten. Über­wie­gend im 19. und 20. Jahr­hun­dert wur­den in Biblio­the­ken und Archi­ven vie­le Tau­send Sei­ten sei­ner Auf­zeich­nun­gen ent­deckt. Dar­un­ter auch ein heu­te so aktu­el­ler Gedan­ke zur Ener­gie­ge­win­nung mit­tels der Son­ne. Durch ein Spie­gel­sys­tem wur­de die Son­nen­en­er­gie zur Gewin­nung hei­ßen Was­sers genutzt.

Es ist unmög­lich, mit die­sem Bei­trag Leo­nar­do da Vin­ci umfas­send zu wür­di­gen. Es sind nur Denk­an­stö­ße, sich mit dem Leben und Wir­ken die­ses Genies zu befas­sen. Auf eine Abbil­dung der Mona Lisa wur­de bewusst ver­zich­tet. Aus ande­ren Grün­den auch auf eine Wie­der­ga­be des vor eini­gen Mona­ten merk­wür­dig für 450 Mil­lio­nen Dol­lar ver­stei­ger­ten und als Werk Leo­nar­dos bezeich­ne­ten Sal­va­tor Mun­di. Ein Gemäl­de, das im Jahr 2005 für 10.000 Dol­lar gehan­delt und seit­dem kon­ti­nu­ier­lich in die Mil­lio­nen getrie­ben wur­de. Selbst wenn eine Ent­wurfs­skiz­ze auf Leo­nar­do zurück­ge­hen soll­te, so ist nach mei­ner Auf­fas­sung die heu­te sicht­ba­re Male­rei eine Belei­di­gung des Meis­ters. Abschlie­ßend ein Trost. Wir benö­ti­gen kei­ne astro­no­mi­sche Sum­me, um ein wenig Leo­nar­do zu besit­zen. Eine täg­li­che und mil­lio­nen­fa­che Wür­di­gung Leo­nar­dos kann jeder mit sich tra­gen: Die ita­lie­ni­sche 1‑Eu­ro-Mün­ze ist Leo­nar­dos Stu­di­en der mensch­li­chen Pro­por­tio­nen gewidmet.

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Jahrgang 1939, Erstausbildung kaufmännische Lehre, anschließend private Gesangsausbildung und kunstgeschichtliche Studien in Leipzig. 1961 erstes Engagement (Bass-Bariton) als Solist am Theater in Eisenach. Nach 12 Jahren an verschiedenen Theatern, 1973 Eröffnung einer Kunstgalerie in Basel. Seitdem im Kunsthandel, als Experte für Versicherungen und Berater privater Sammler tätig. Gleichzeitig und bis heute als Sänger in Oratorium, Kirchenmusik und besonders im Liedgesang aktiv.

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